Wer also von dem Ansatz ausgeht, daß alles Wollen Glück¬
seligkeitwollen sei, kann immerhin noch zu einer Ethik als
Wissenschaft vom Sittlichen kommen, wenn ihr eigentlicher
Gegenstand ein Wollen ist, das einen Reihenzweck darstellt,
dessen Endzweck zwar mit demjenigen alles anderen Wollens
zusammenfällt, dessen „Mittel zum Zweck“ aber dieses Wollen
zu einem besonderen, dem „sittlichen“ Wollen stempelt.
Darum dreht es sich in der hier in Rede stehenden Ethik bei
der Frage nach dem „Sittlichen“ auch allein um das „Mittel“
zum „Zweck der Glückseligkeit“; dasjenige Wollen ist
sittliches Wollen, dessen Zweck ein Reihenzweck ist, und
zwar ein Reihenzweck, dessen „Mittel“ die Glückseligkeit des
Wollenden herbeiführen.
Die Frage, was sittlich sei, beantwortet sich nach dieser Ethik
demnach ganz allein aus der Erkenntnis, daß das im Reihen¬
zweck als Mittel angesehene, vom Glückseligkeitwollenden für
ein Mittel zur Glückseligkeit gehaltene Gewollte in Wahrheit
solches Mittel sei. „Sittliches“ Wollen ist hier durchaus in die
Einsicht in das, was zur Glückseligkeit führt, was also Mittel
zum Zweck ist, gegründet, und dieses Mittel klarzustellen, ist
die Aufgabe, die sich diese Ethik setzen muß. Daß es sich ihr
immer um Reihenzweck und insonderheit um Mittel zum
Zweck handelt, zeigt uns auch deutlich der Umstand, daß sie
das Sittliche als das Gute bezeichnet und damit eben das „Zweck¬
dienliche“ zum Ausdruck bringt. Sittlichwollen heißt also das
Gute, d. h. zur Glückseligkeit Führende wollen. Wer aber das
Gute d. i. das Glückseligkeitsmittel nicht weiß, kann es auch
nicht wollen, die notwendige Voraussetzung sittlichen d. i. zur
Glückseligkeit führenden Wollens des menschlichen Bewußt¬
seins ist die Einsicht in die Glückseligkeitsmittel. Wer aber
ihre Erkenntnis gewonnen hat, der muß sie auch wollen,
weil er seine Glückseligkeit will; so spricht Sokrates: ao<f>cg
uya&dg, wer das Gute weiß, der will es auch, das Schlechte
d. h. das die Glückseligkeit Hindernde will nur, wer es als
68