Staatsbesitz ohne französische Beteiligung zurückzuführen. Hier scheint es in
saarländischen Industriekreisen gegenteilige Pläne gegeben zu haben, durch die der
Kohleabsatz in Frankreich gesichert werden sollte27. Preußen legte daher noch
einmal die Reichsministerien auf den Staatsbesitz der Gruben fest28. Der preus-
sische Handelsminister wandte sich in scharfer Form auch gegen irgendwelche
Konzessionen bei den Warndtpachtverträgen29 30. Die Schwierigkeit bei diesen Vor¬
bereitungen bestand in der Eile, in der für die Haager Konferenz konkrete
deutsche Vorstellungen entwickelt werden mußten, um den Franzosen etwas zu
bieten. Bei der Frage des Rückkaufs der Gruben ergaben sich zunächst Meinungs¬
verschiedenheiten zwischen dem Auswärtigen Amt und dem Reichsfinanzmini¬
sterium. Dieses regte an, zu prüfen, ob der Kaufpreis auf die Reparationsannui¬
täten anzurechnen sei. Dagegen wandte sich der Vertreter des Auswärtigen Amts,
VLR von Friedberg. Seiner Meinung nach stellte der Rückkauf ein reines Ent¬
gegenkommen Frankreichs dar. Der Bezug auf die Reparationsleistungen mache
Verhandlungen von vornherein unmöglich. Die Frage könne als nicht dringlich
dem im §36 des Saarstatuts vorgesehenen Sachverständigengremium überlassen
werden80. Vor der Haager Konferenz blieb also die Frage des Grubenrückkaufs
in der Schwebe. Ebensowenig wurde eine Position in den handelspolitischen Fragen
gewonnen, wenn auch darüber Klarheit herrschte, daß eine zollpolitische Über¬
gangsregelung im saarländischen Interesse lag31. Bei der Dauer des Übergangs
wurde von der Zeit bis 1935, möglicherweise auch bis 1940 gesprochen, doch
sollte der saarländische Absatz langsam auf den deutschen Markt umgestellt
werden, selbst auf die Gefahr hin, daß nach 1920 entstandene „Eintagsindustrien“
eingingen32. Weiterhin beschäftigten sich die Ministerien mit der Entwicklung der
Elektrizitätserzeugung im Saargebiet nach der Rückgliederung33, der Umstellung
27 Verm. des Reichswirtschaftsministeriums v. 1.7.29 über Besprechung am 29.6.29: AA ...
betr. Rückgliederung, Bd. 1.
28 Sehr, des Preuß. Handelsministers v. 20.7.29 an den Reichswirtschaftsminister u. des¬
sen Antwort v. 27.7.: BA R 2/2713b.
20 Sehr, des Preuß. Handelsministers v. 5.7.29 an den StS in der Reichskanzlei (BA R
431/246, Bl. 66) als Entgegnung auf das Sehr, des AA v. 1.7.29 an den Reichsjustiz¬
minister (BA R 431/246, Bl. 64f.). Das AA hielt es für möglich, die Pachtverträge auf
eine gewisse Zeit zu verlängern. Diese Verträge hatte die Reg.kommission mit den
lothringischen Gesellschaften „Sarre et Moselle“ und „De Wendel“ abgeschlossen, die
von Lothringen aus unter Durchörterung der saarländisch-französischen Grenze Kohle
im Warndt förderten. Auch die „Bemerkungen zur Warndtfrage“ des Preußischen
Handelsministeriums v. 31.7.29 und die „Bemerkungen zur Frage einer etwaigen
Rückübernahme der Saargruben vor der politischen Rückgliederung des Saargebiets“
des selben Ressorts v. 31.7.29 traten den Absichten des AA energisch entgegen (Beide
Gutachten, in: BA R 2/2713b). Der preuß. Standpunkt findet sich auch bei Herr-
Jahns, Kohlenlagerstätten, in: Kloevekorn, Saargebiet, S. 213 und 221.
30 Protokoll v. 26.6.29 (Anm. 26); Aufzeichnung des VLR v. Friedberg v. 27.6.29: AA. ..
betr. Rückgliederung, Bd. 1; Verm. des MR Jaffe (Reichsfinanzministerium) v. 6.7.
29: BA R 2/2714.
31 Vgl. Aufzeichnung v. Friedbergs v. 27.6.29 (Anm. 30).
32 Rdschr. des Reichswirtschaftsministers v. 29.6.29 und Verm. des MR Jaffe v. 4.7.29:
BA R 2/2714. Die Denkschrift des Geschäftsführers des Schutzvereins f. Handel u.
Gewerbe im Saargeb., Paul Keuth „Über die Wiedereingliederung des Saarhandels
in die deutsche Volkswirtschaft“, Bl. 2 (BA R 2/2714) trat dagegen für die Schonung
der neu entstandenen Industrien ein.
33 Sehr, des Preuß. Handelsministers v. 20.7.29 an den Reichswirtschaftsminister und
dessen Antw. v. 27.7.: BA R 2/2713b
62