Bei der Umstellung der Währung erwartete der Syndikus Schwierigkeiten auf dem
Gebiet der Bilanzen und trat „unter allen Umständen“ für eine längere Über¬
gangszeit bei der Erhebung der direkten Steuern ein. Unterschiede waren auch in
der Sozialgesetzgebung, im Aufwertungsrecht, in Ausgleichsverfahren, Wohnungs¬
wesen, Zollgesetzgebung und Bergaufsicht zu beseitigen. Die Verwaltungseintei¬
lung sollte wie vor 1920 wiederhergestellt werden, möglicherweise ein Landes¬
arbeitsamt und ein Landesfinanzamt eingerichtet sowie die Oberpostdirektion und
das Postscheckamt Saarbrücken beibehalten werden10.
Auf wirtschaftlichem Gebiet wies Lütke auf die Mehrbelastung des Saargebietes
bei der Rückgliederung hin20. Frankreich werde sehr bald auf die Belieferung mit
Saarkohle nach der Rückgliederung verzichten, und so müsse die Saarkohlewirt¬
schaft den verlorenen süddeutschen Absatzmarkt in Konkurrenz zum Bergbau
an der Ruhr wiedergewinnen. Die Saargruben seien ferner im Vergleich zum
Reich wenig rationalisiert21. Für den Absatz der übrigen Saarindustrie sei eben¬
falls der süddeutsche Markt wichtig, doch müßten der französische Markt sowie
das Bedürfnis des Saargebietes an Lebensmitteln und Erzen aus Lothringen
berücksichtigt werden22. Als Aufgaben der Rückgliederung stellte Lütke fest, daß
der Kohleabsatz nach Süddeutschland sichergestellt und nach Frankreich in er¬
forderlichem Maße beibehalten werden müsse. Rationalisierung und eine andere
Preispolitik als die der französischen Grubenverwaltung seien Hauptaufgaben für
den Bergbau23. In der Handelspolitik vermochte Lütke keinen vollständigen
Überblick zu geben, regte aber eine Dauerlösung für den saarländischen Absatz in
Frankreich an. Um eine Ubergangsfrist für das Zollregime bis 1935 als Gegenlei¬
stung an Frankreich käme man nicht herum24.
Wesentlich scheint, daß Lütke die seit 1920 von Deutschland für die Saarwirtschaft
gebrachten Opfer durchaus anerkannte25. Seine Ausführungen waren daher
keineswegs Forderungen. Sie faßten den Standpunkt der Saarindustrie in der
Rückgliederungsfrage zusammen und wurden vom Auswärtigen Amt allen Be¬
teiligten zugesandt.
Die Planung der Berliner Ministerialbürokratie war bereits in einzelnen Aus¬
schüssen organisiert worden und wandte sich nun einzelnen Problemen zu,
darunter besonders denen des Saarbergbaus. Die Sitzung im Auswärtigen Amt am
26. 6. 192920 machte klar, daß trotz der Unsicherheit über die außenpolitische
Entwicklung der Saarfrage das Auswärtige Amt die Planung der Rückgliederungs¬
fragen wünschte. Die Beschlüsse beschränkten sich allerdings auf die Bildung der
schon genannten Ausschüsse. In den materiellen Fragen bestand Unklarheit; nur
war man sich einig darüber, die Gruben wieder in preußischen und bayerischen
10 Ebda., Bl. 8—13.
20 Ebda., Bl. 14—18.
21 Ebda., Bl. 19—23.
22 Ebda., Bl. 24—27; ebenso Herr-Jahns, Die Kohlenlagerstätten und der Berg¬
bau an der Saar, in: Kloevekorn, Saargeb., S. 214f.
23 Lütke-Denkschrift, Bl. 29—32.
24 Lütke-Denkschrift, Bl. 33—36.
25 Ebda., Bl. 37.
28 Protokoll: BA R 2/2713b.
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