Die eindeutige Hinwendung zu Deutschland bekräftigten die Parteien durch ihre
enge organisatorische Bindung an die deutschen Mutterparteien13. Dasselbe gilt
für die Arbeitnehmerorganisationen aller Richtungen sowie die Verbände über¬
haupt. Die deutschen amtlichen Stellen hatten daher ein Interesse daran, diese
Verbindung nicht abreißen zu lassen, selbst bei Gruppen, die für das politische
Leben im Saargebiet nicht sehr bedeutend waren14.
Die starke Bindung an die Mutterparteien und -verbände äußerte sich ebenso in
der Übereinstimmung mit deren Vorstellungen, die lediglich durch die besonderen
saarländischen Verhältnisse beeinflußt wurde. Ereignisse im Reich fanden ihren
Widerhall in Erklärungen der Saarparteien und anderer Kreise des öffentlichen
Lebens, wenn auch die Regierungskommission unter Rault derartige Äußerungen
und enge Bindungen in der Organisation zu unterbinden suchte15. Bedeutende
saarländische Politiker redeten auf Veranstaltungen im Reich, wie umgekehrt
Reichspolitiker im Saargebiet sprachen. Ab 1928 wurden die Bindungen an das
Parteileben im Reich noch stärker 16.
Gleichermaßen wuchs auch die Zusammenarbeit mit staatlichen deutschen Stellen.
Anstelle eines regelmäßig zusammentretenden Gremiums aus Vertretern beider
Seiten trugen hierzu zunächst Reisen saarländischer Partei- und Gewerkschafts¬
vertreter sowie Besuche der Saarvertrauensmänner Preußens und Bayerns bei.
Hermann Röchling trat bei seinen ausgezeichneten Verbindungen zur Berliner
Ministerialbürokratie besonders in Erscheinung. Erst 1927 kam es zur Bildung
eines Saarausschusses aus Vertretern saarländischer Parteien und Verbände, vor al¬
lem unter dem Eindruck der Mißstimmung, die die Beamtenbetreuungsaktion der
Reichsregierung 1926 im Saargebiet hervorgerufen hatte. Es scheint so, daß man
auch hier noch nicht eine feste Organisation der Zusammenarbeit als Notwendig¬
keit in Berlin ansah, sondern lediglich ein Ventil für die genannte Mißstimmung
für nötig hielt17. Daher hatte dieser Saarausschuß nur 1929/30 während der
deutsch-französischen Saarverhandlungen Bedeutung, obwohl ihn die 1927 aufge¬
stellten Richtlinien als „ein offiziöses Beratungsorgan der Reichsregierung“ be-
zeichneten18. Ihm gehörten neben den Parteien und Gewerkschaften auch die
Wirtschaftsverbände an. Nur die Kommunisten waren im Ausschuß nicht vertreten,
ein Ausdruck der Sonderrolle, die die KP im politischen Leben des Saargebiets
spielte.
Die Entstehung des Saarausschusses zeigt, daß die Parteien und Verbände des
13 Ebda., S. 202. Schmidt, Robert H., Saarpolitik 1945—1957, Bd. 1, Berlin 1959,
S. 107.
14 So hielt man 1932, als die Reg.kommission die Wehrverbände verbieten wollte, von
seiten der Reichsregierung den Stahlhelm und andere Wehrverbände im Reich an,
die Aktivität ihrer saarländischen Landesverbände zu beschränken. Vgl. BA R 431/
252, Bl. 337f. und Sehr, des Reichsinnenministers v. 10.12.1932 an das Ausw.Amt:
AA ... betr. Pol.Angel.Allg., Bd. 43.
15 Z e n n e r , Parteien, S. 202. Der Präsident der Reg.kommission bezeichnete 1922 eine
Erklärung der Saarbrücker Stadtverordnetenversammlung gegen die Rathenaumörder
als gegen den Versailler Vertrag stehend. Vgl. BA R 431/240, Bl. 261.
16 Z e n n e r , Parteien, S. 202.
17 So Rechtsanwalt Levacher aus Saarlouis. Vgl. Verm. der Reichskanzlei vom 19.2.1927:
BA R 431/243, Bl. 376.
18 Vgl. Rdschr. des Ausw.Amts v. 23.8.1927: BA 431/244, ferner: Zen n er, Parteien,
S. 129.
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