innerhalb des saarländischen Stahlhelm, den er marxistischer Unterwanderung
bezichtigte.
Obwohl der Stahlhelm nach dem 1. März 1935 im Saarland sein Ende fand,
bedeutet die Abstimmungszeit für das Saargebiet die entscheidende Etappe auf
dem Wege ins nationalsozialistische Deutschland. Parteien und Verbände lösten
sich bereits in dieser Zeit auf oder schlossen sich so eng der Deutschen Front an,
daß die Gleichschaltung praktisch vor 1935 abgechlossen war. Ebenso vollzog sich
auf anderen Gebieten des öffentlichen Lebens wie in der Presse — hier teilweise
in Angleichung an die Zerstörung der freien Presse im Reich — der Einfluß der
nationalsozialistischen Machtergreifung vor 1935. Aufgrund dieser Beobachtung
dürfte der Aufbau der nationalsozialistischen Herrschaft nach der Rückgliederung
ohne große Reibungen vonstatten gegangen sein. Die saarländische Pressepolitik,
wie sie etwa in der Festschrift „Zweihundert Jahre Saarbrücker Zeitung“ anhand
dieser Zeitung angedeutet wird5, scheint nicht typisch für das rückgegliederte
Saarland zu sein. Vielmehr sind die Einschränkungen der bürgerlichen Presse und
die massive Förderung der Parteizeitungen Kennzeichen der allgemeinen Presse¬
politik im Reich in diesen Jahren.
Der Erfolg der nationalsozialistischen Reichsführung in der Gleichschaltung und
Täuschung der Saarländer vor 1935 war nur möglich aufgrund der wohldurch¬
dachten Saarpolitik des Reiches und der Länder Preußen und Bayern vor 1933.
Erst durch die Mitarbeit von Nichtnationalsoziälisten in den reichsdeutschen Saar¬
behörden und im öffentlichen Leben des Saargebietes konnte der Einfluß aus
dem Reich voll zur Geltung kommen. Die saarländische NSDAP, der wohl die
Führung bei der Gleichschaltung des Saargebietes vor 1935 zugedacht war, ver¬
mochte aufgrund der parteipolitischen Verhältnisse keine dominierende Rolle zu
spielen. Indem Bürckel dies erkannte und erfahrene Leute in der Saarpolitik her¬
anzog, legte er den Grundstein für die nachfolgende Entwicklung und sicherte
sich zugleich die politische Führung im Saarland nach 1935. Die Verwaltung lag
nach der Rückgliederung zum großen Teil in Händen der Berater Bürckels
während der Abstimmungszeit. Als Gauleiter und Reichskommissar vereinigte
Bürckel die Spitzen der staatlichen Verwaltung und der Parteiorganisation im
Saarland in seiner Hand.
Bis 1937 gelang es Bürckel, die Beachtung der Garantien so zu beschränken, daß
das wesentlichste Hindernis einer nationalsozialistischen Innenpolitik beseitigt war.
Ebenso vermochte er die Lage der katholischen Kirche 1935 und 1936 so zu
beeinträchtigen, daß er mit der Einführung der Simultanschule im Saarland eine
Maßnahme mitmachte, die im ganzen Reich gleichzeitig die Konfessionsschule be¬
kämpfte und abschaffte. Sein Erfolg im Kampf gegen die Kirche verschaffte ihm
bei Heinrich Himmler den Ruf, er sei „der maßgebende Facharbeiter des katho-
21.3.35: BA ZSg. 101/5, Bl. 93f.; ferner: Bürckel-Reden, in: S.L.Z. Nr. 78 v. 21.3.35
u. Nr. 112 v. 24.4.35. Zur Auflösung des Stahlhelm im Reich siehe Berghahn,
Volker R., Der Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten 1918-1935, Düsseldorf 1966,
S. 273f.
5 200 Jahre Saarbrücker Zeitung 1761-1961, S. 18lff.
201