verdrängt. Volksschulrektoren, die sich gegen die Gemeinschaftsschule ausge¬
sprochen hatten, wurden aus ihren leitenden Stellungen entfernt oder versetzt75.
Das katholische Privatschulwesen wurde beeinträchtigt76. Aus Heiligenwald wird
berichtet, daß die Ortsgeistlichkeit den Religionsunterricht nach Lehrplan nicht
mehr durchführen konnte und daß Schulräume für Kommunions- und Konfirman¬
denunterricht verweigert wurden77.
Spätestens 1937 ließ Bürckel die Maske der Versöhnung und der Anerkennung
der Abstimmungsentscheidung für Deutschland fallen. Gewiß unterschied sich
seine Kampagne gegen die Konfessionsschule im Saarland nicht von den rabiaten
Maßnahmen anderer Gauleiter, doch war bei seiner Auseinandersetzung mit den
Bischöfen das Versprechen, die Konfessionsschule unangetastet zu lassen, im Spiel.
Bis zum Bruch dieses Versprechens überwog bei dem Gauleiter die seit 1934
geübte Gerissenheit und Verstellung. Welcher Methoden Bürckel fähig war, hatte
er beim beginnenden Kirchenkampf in der Pfalz 1933 demonstriert78. 1937 kon¬
zentrierte sich sein Kampf wieder auf die Pfalz und auf den Bischof von Speyer.
Den Trierer Bischof betraf die Hetzkampagne der saarländischen Presse gegen
die Kirche weniger. Dafür war der Bischof von Speyer das besondere Ziel der
nationalsozialistischen Verleumdungen in der Presse79. Bei allen Maßnahmen
stand Bürckel in vorderster Front, folgte der Verschärfung des Kirchenkampfes
im ganzen Reich und machte den saarländischen Katholiken klar, daß der Prozeß
der Angleichung an die Verhältnisse im Reich ohne Rücksicht vollzogen wurde.
75 Z e n n e r , Peter, in: Saarbrücken 1909-1959, S. 253.
78 Ebda., S. 253f. wird das Schicksal der Ursulinenschule in Saarbrücken geschildert.
77 Schmitt, Nikolaus, Chronik der Gemeinde Heiligenwald, Neunkirchen 1954,
S. 192.
78 Siehe dazu Volk, Ludwig SJ, Der bayerische Episkopat und der Nationalsozialismus
1930-1934, Mainz 1965, S. 105ff.
79 Die Pressekampagne deutete sich im Mai 1937 an: S.Z. Nr. 143 v. 29.5.37: „Gegen
lügnerische kirchliche Angriffe.“ Einer der ersten direkten Angriffe gegen Bischof Se¬
bastian von Speyer kam anläßlich eines Priesterprozesses: S.Z. Nr. 171 v. 26.6.37:
„Das Zeugnis des Bischofs von Speyer.“ Die Kampagne erreichte ihren Höhepunkt
im August mit Demonstrationen und Drohungen. Vgl. S.L.Z. Nr. 209 v. 3.8.37:
„Gauleiter Bürckel in Annweiler“, Nr. 219 v. 13.8.: „Gauleiter Bürckel ruft auf!“,
Nr. 220 v. 14.8.: Eine Bekanntmachung Bürckels und eine Meldung über eine ge¬
plante Demonstration in Speyer, Nr. 222 v. 16.8.: „Klare Grenzen zwischen Kirche
und Staat!“, Nr. 223 v. 17.8.: „Aufruf des Gauleiters“ und „Bekanntmachung des
Gaurechtsamtes“. Siehe auch S.Z. Nr. 298 v. 31.10.37: „Fromme Schmuggler an der
Goldenen Bremm festgenommen“, Nr. 300 v. 2.11.37: „Nichtbeachtung des Gemein¬
wohls“. Während der Kampagne wurde vom Gaupresseamtsleiter ein Veröffentli¬
chungsverbot für Gottesdienstordnungen in den Zeitungen des Gaues Saarpfalz er¬
lassen. Vgl. S.Z. Nr. 143 v. 29.5.37: „Gegen lügnerische kirchliche Angriffe.“ 1938
erschienen die Gottesdienstordnungen wieder in der Presse.
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