Auslandspresse kommentiert66. Wie aus einer vervielfältigten, 29 Seiten umfas¬
senden Aufzeichnung der bischöflichen Behörde in Trier67 über diese Abstimmung
hervorgeht, wurde in zahllosen Fällen auf die Entscheidung der Abstimmenden
Druck durch Partei und Staat ausgeübt. Am 24. März protestierte der Trierer
Bischof telegrafisch bei Bürckel und beim Reichserziehungsminister gegen diese
Methoden, die Bürckel in verschleierter Form in seiner geharnischten Erwiderung
selbst zugab68. Bürckel glaubte allerdings, mit Behauptungen vom Gewissens¬
druck, den Geistliche ausgeübt hätten, dem Bischof etwas anlasten zu können. Er
schob Bornewasser die Verantwortung für den religiösen Frieden zu. In seinem
Schreiben vom 31. März an Bürckel69 verwies der Trierer Bischof auf die Zusage
in der Abstimmungszeit für die Erhaltung der Konfessionsschule. Darauf war
Bürckel in seiner Stellungnahme selbstverständlich nicht eingegangen.
Die Auseinandersetzung des Bischofs mit Bürckel, die im übrigen nur ein Teil des
Kampfes zwischen Staat und Kirche um die Konfessionsschule im Reich in
den Jahren 1936 und 1937 war70, endete mit dem durch eine Abstimmung
belegten Sieg des Reichskommissars. Die Bischöfe von Trier und Speyer wiesen
in einem Hirtenbrief zum Ostersonntag auf die Beeinflussung der Abstimmung
hin71. Bürckel mobilisierte dagegen für seinen Standpunkt den Dozenten für
katholische Religion an der Hochschule für Lehrerbildung in Pasing, Kober72,
und versuchte, die Katholiken zu spalten. Darauf verboten die Bischöfe, katho¬
lische Schulgottesdienste bei Eröffnung der Gemeinschaftsschule abzuhalten73.
Am 11. April wandte sich ein neues Hirten wort gegen Kober, nachdem der
Leiter der saarländischen Schulabteilung, Wambsganß, vergeblich versucht hatte,
katholische Schulgottesdienste von den Bischöfen zu erreichen. Am 16. April
setzte Bürckel die Spaltungsversuche unter den Katholiken durch einen neuen
offenen Brief des Dozenten Kober fort74. Dessen Ausführungen waren im Ton
äußerst massiv und unterstützten mit der Gleichsetzung von „Vaterlandslosig¬
keit“ und „Gottlosigkeit“ die oft verkündete Parole Bürckels vom gottgewollten
Volkstum. Erst in diesem Offenen Brief setzte sich Kober ganz in Gegensatz zu
den Bischöfen.
Nachdem die antikirchliche Kampagne ihren Höhepunkt erreicht hatte, folgten
Maßnahmen des Reichskommissars im Schulwesen. Ende 1937 waren alle in der
Völkerbundszeit ernannten Stadtschulräte von Saarbrücken aus ihren Ämtern
ee Siehe den Leitartikel v. Chefred. Steigner in der S.Z. Nr. 80 v. 22.3.37: „Was
andere nichts angeht.“
67 „Die Abstimmung über die Gemeinschaftsschule in den zur Diözese Trier gehörenden
Gemeinden des Saarlandes am 20.-23. März 1937“ (BistumsA Trier, Abt. 59 Nr. 56).
Diese Aufzeichnung übermittelte der Trierer Bischof am 31.3.37 dem Gauleiter.
68 Sehr, des Bischofs v. 24.3. und Antw. Bürckels v. 25.3.37: BistumsA Trier, Abt. 59
Nr. 56.
09 Ebda.
70 Siehe C o n w a y , Nationalsoz. Kirchenpolitik, S. 196ff. sowie D o e t s c h , Würt¬
tembergs Katholiken, S. 202.
71 Siehe Aufzeichnung (Anm. 67).
72 S.Z. Nr. 90 v. 3.4.37: „Führender katholischer Geistlicher nimmt Stellung zur Frage
der Gemeinschaftsschule.“
73 Rundverfügung des Generalvikariats Trier v. 8.4.37: BistumsA Trier, Abt. 59 Nr. 56.
74 S.Z. Nr. 103 v. 16.4.37: „Wahrheit gegen kirchliche Hetze.“
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