in ein Devisenstrafverfahren verwickelt zu werden58. Doch weist seine hand¬
schriftliche Notiz auf der Eingabe saarländischer Geistlicher vom 25. September
1933 an Hitler59 daraufhin, daß er als Wortführer der saarländischen Geistlich¬
keit vor 1935 in erster Linie mit der Gestapo nach der Rückgliederung zu tun
hatte. Diözesanpräses Müller wurde 1935 und 1936 in Trier acht Monate ohne
Verfahren in Haft gehalten60. Pfarrer Bungarten wurde im April 1936 wegen
seiner Nichtbeteiligung an der Reichstagswahl aus dem Saarland ausgewiesen61.
Nach den Erfahrungen der Kirche 1935 kam der Höhepunkt der Auseinander¬
setzung mit Bürckel erst 1937. Gegenstand des Konfliktes war die Einführung
der Gemeinschaftsschule. Anlaß bildeten die Vorgänge in dem Ort Frankenholz
im Februar 193762. In der dortigen Schule hatte das Kruzifix, bisher in Front der
Schüler angebracht, einem Hitlerbild weichen müssen, und war seitlich von den
Schülern über der Tür angebracht worden. Die Reaktion der Elternschaft darauf,
die sich in einer Art Schulstreik Luft machte, hatte die üblichen Verleumdungen
der Katholiken durch die NSDAP zur Folge63. Dabei wurden Maßnahmen gegen
die beteiligten Eltern öffentlich zugegeben. Bürckel mußte jedoch durch die Fran¬
kenholzer Affäre erkennen, daß jede Veränderung im saarländischen Schulwesen
Unruhe unter der Bevölkerung hervorrief.
Bis dahin hatte sich das Schulwesen seit 1935 relativ wenig geändert. Während der
Abstimmungszeit war den Katholiken ausdrücklich die Erhaltung der konfessio¬
nellen Schule zugesagt worden64. Veränderungen mußten daher alte Wunden aus
der Abstimmungszeit aufreißen, zumal dies die einzige Zusage des Regimes an
die Saarländer war. Bürckel wählte deshalb den Mittelweg einer Abstimmung
und propagierte die Entscheidung für die Gemeinschaftsschule in einer Rede vom
19. März 1937. Vom 20. bis 23. März stimmten die Saarländer ab und erbrachten
ein Ergebnis von 93 bis 100 %> der Stimmen für die Forderung des Gauleiters65.
Die Abstimmung zeigte sich als Farce großen Ausmaßes und wurde selbst in der
48 Siehe Bericht der Botschaft Paris v. 9.12.35 sowie Sehr, des Reichskirchenministers
v. 10.3.36 an das AA: AA ... betr. Kirchl. Fragen, Bd. 6.
59 Siehe die Notiz Schlichs, abgedr. bei Z e n n e r , Parteien, S. 383f.
80 Vgl. Aufzeichnung Schlichs vom 10.2.43 „Die Haltung der katholischen Jugendvereine
und katholischen Verbände“: BistA Trier, Abt. 59 Nr. 61. Zu Schlich und Müller vgl.
auch „Deutsche Briefe 1934-1938“, bearb. v. H. H ü r t e n , Bd, 1, Mainz 1969, Nr. 59
v. 15.11.35 (S. 664), Bd. 2, Mainz 1969, Nr. 76 v. 13.3.36 (S. 108).
61 Vgl. Hoffmann, Daz Ziel war Europa, S. 25; Bungarten, Franz, Ich darf
nicht schweigen, Köln 1951, S. 5f.
92 Dazu die undat. Aufzeichng. „Die Gemeinschaftsschule im Saarland“: BistA Trier,
Abt. 59 Nr. 56.
93 Vgl. die Darstellung des Leiters der Schulabteilung, Wambsganß in der S.Z. Nr.
57 v. 27.2.37: „Für Märtyrer kein Platz“.
Max S t e i g n e r „Das Bekenntnis des Volkes“, „In Saarbrücken 98,1°/»“, „Einzel-
64 Z e n n e r, Peter, in: Saarbrücken 1909-1959, S. 252. Vgl. auch den Leitartikel der
S.L.Z. Nr. 56 v. 26.2.35: „Eine alte kulturpolitische Streitfrage. Beeinträchtigt die
Konfessionsschule die Volksgemeinschaft?“.
85 S.Z. Nr. 78 v. 20.3.37: „Wer lehnt die Volksgemeinschaft ab?“, ebda., Nr. 79 v.
21.3.37: „Gemeinschaftsschule im Gau Saarpfalz ab 1. April.“ Bürckel milderte in
seiner Rede Vorwürfe gegen die Katholiken wegen Staatsfeindlichkeit ab, inter¬
pretierte ihre Abstimmungsentscheidung vom 13.1.35 jedoch als Entscheidung für den
Nationalsozialismus. Vgl. auch S.Z. Nr. 79 v. 21.3.37: Leitartikel v. Chefredakteur
Max Steigner „Das Bekenntnis des Volkes“, „In Saarbrücken 98,1%“, „Einzel¬
ergebnisse“.
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