Kenntnisse unentbehrlich war25. Als Regierungspräsident wurde der ehemalige
hessische Minister Philipp Wilhelm Jung eingesetzt, ein in der Saarpolitik un¬
bekannter Mann, der mit Bürckel seit 1927 bekannt war26. Den noch am
21. Februar 1935 für diese Stelle vorgesehenen Saassen hatten im Februar und
März Gauleiter Simon (Koblenz—Trier) und der Koblenzer Oberbürgermei¬
ster als angeblichen Zentrumsanhänger denunziert27. Außer diesen Beschuldi¬
gungen fehlt jeder Hinweis auf politische Gründe, die die Ernennung Saassens
durchkreuzt hätten28. Zu den Beamten, die Bürckel ins Saarland begleiteten,
gehörte ferner der pfälzische SS-Standartenführer Willy Schmelcher als neuer
Polizeipräsident von Saarbrücken29. Die große Zahl pfälzischer Beamter im
Reichskommissariat war der Anlaß der Mißstimmung in der Saarbevölkerung
nach 1935 gegen die pfälzische „Überfremdung“, ein Zeichen, wie stark im na¬
tionalsozialistischen Deutschland landschaftliche Eigenheiten weiterlebten. Be¬
zeichnenderweise wandte sich Bürckel bereits am 3. April 1935 mit einer öffent¬
lichen Erklärung gegen diese Stimmung30. Die personelle Zusammensetzung
des übrigen höheren Dienstes im Reichskommissariat zeigt dagegen, daß hier in
weit geringerem Maße pfälzische Beamte Verwendung fanden. Von 53 Plan¬
stellen waren auf dem Stellenplan von 193531 51 besetzt. 21 der aufgeführten
höheren Beamten kamen aus außersaarländischen Behörden, davon 8 aus
Preußen, vornehmlich von der Regierung Trier, 8 aus der Pfalz, die restlichen 5
aus Bayern. Aus technischen Abteilungen der Regierungskommission waren 17
höhere Beamte übernommen worden. Nur ein Oberregierungsrat aus der Di¬
rektion des Innern wurde ins Reichskommissariat übernommen. 4 Beamte ka¬
men von saarländischen Landratsämtern, und 9 weitere sind ohne Nachweis ih¬
rer bisherigen Behörde in dem Stellenplan von 1935 aufgeführt. Die 21 nicht¬
saarländischen Beamten kennzeichnen die Neuausrichtung der Zentralverwal¬
tung. Vor allem in der für die allgemeine und innere Verwaltung zuständigen
25 Das Sehr, des Reichsarbeitsministers v. 30.1.35 an Bürckel (A . . . betr. Saarbevoll¬
mächtigten, 1 Bd.) verwandte sich für Obe.
26 Auskunft des StA Darmstadt v. 11.9.69 und des HStA Wiesbaden v. 23.9.69 sowie v.
Herrn Oberrechnungsrat i. R. Kunz, Darmstadt, v. 15.9.69.
27 Vgl. Verm. des RMdl v. 21.2.35 (BA R 2/12256); ferner: Bericht des OB v. Koblenz
v. 8.2.35 an StS Lammers u. Berichte Gauleiter Simons v. 7. u. 16.3.35 an Lammers
u. v. 16.2.35 an Göring (BA R 431/257, Bl. 9ff., 163 u. 196ff.).
28 Der Auskunft des StaatsA Koblenz v. 1.10.69 zufolge war Saassen schon 1934 zuneh¬
mend bei schlechter Gesundheit, ließ sich 1936 in den einstweiligen Ruhestand ver¬
setzen und verstarb im September 1937.
29 S.L.Z. Nr. 61 v. 4.3.35. Bürckel hatte Schmelcher in einem undat. Sehr, an den RMdl
(BA R 2/12256) vorgeschlagen.
30 S.L.Z. Nr. 91 v. 3.4.35: „Gegen Lügner und Provokateure“. Ein Rdschr. des Reichs¬
erziehungsministers v. 25.11.35 (BA R 2/12236) macht den volkstümlichen Ausspruch
im Saarland „Klettert auf die Beem, die Pälzer kommen“ aktenkundig. Vgl. auch
Schmidt, Robert H., Saarpolitik 1945-1957, Bd. 1, Berlin 1959, S. 122f.
31 Die folgenden Zahlenaufstellungen ergeben sich aus dem Stellenplan des Reichskom¬
missariats und des Regierungsforstamtes v. 1935 (LA Saarbrücken, Best. Reichs¬
statthalter in der Westmark, Nr. 492). Das Handbuch für das Deutsche Reich 1936,
S. 320ff. sowie das Amts-Handbuch für den Gau Saarpfalz 1937/38, bearb. und zu¬
sammengestellt v. Dr. (Hans) E n g 1 r a m und ORR Dr. (Franz) Kranz, Neu-
stadt/H. 1937, S. 5f. zeigen gegenüber dem Stellenplan von 1935 kaum wesentliche
Veränderungen.
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