Die dem Ratsbeschluß folgenden Verhandlungen mit dem Dreierkomitee, Frank¬
reich und der Regierungskommission hatten, soweit sie Deutschland und Frank¬
reich betrafen, technischen Charakter. Sie regelten in den Abkommen von
Neapel vom 18. Februar 1935 den Übergang der französischen Eigentumsrechte
auf das Reich sowie Fragen der saarländischen Sozialversicherung52. Durch die
Vereinbarung zwischen Deutschland, Frankreich, der Banque de France und der
Bank für Internationalen Zahlungsausgleich wurde die Überweisung des Kauf¬
preises für die französischen Eigentumsrechte im Saargebiet über die Bank für
Internationalen Zahlungsausgleich an Frankreich festgelegt53. Völlig erfolglos
verliefen dagegen direkte deutsch-französische Wirtschaftsverhandlungen nach
der Abstimmung, mit denen das Reich der Saarindustrie den französischen Ab¬
satzmarkt zu erhalten suchte. Dieser Plan scheiterte am Vorschlag der franzö¬
sischen Wirtschaftsführer, nur kurzfristige Kontingentsabmachungen zu tref¬
fen und nur eine gleiche feste Menge an Eisen und Stahl auszutauschen, worauf
die deutschen Wirtschaftsführer die Verhandlungen abbrachen54. Das magere
Ergebnis deutsch-französischer Wirtschaftsverhandlungen waren die zweimal
verlängerten Abkommen, die bis zum 30. September 1935 dem Saarland die
Versorgung mit Lebensmitteln aus Ostfrankreich weiter gewährten und die
saarländischen Industrieerzeugnisse bis zu diesem Zeitpunkt in Frankreich zu¬
ließen55.
Nur die Entmilitarisierung des Saargebiets stellte sich noch als Frage heraus,
die die französische Regierung zu klären wünschte. Dem Auswärtigen Amt kam
es hierbei darauf an, die Erörterung in Genf zu unterbinden56. Nach dem
Wortlaut des französischen Aide-Memoires vom 14. Januar 1935, das den deut¬
schen Diplomaten vom Dreierkomitee vertraulich zugänglich gemacht wurde57,
sollte das Saargebiet schärferen Entmilitarisierungsbestimmungen als das
Rheinland unterworfen werden. Dem entsprach das geforderte allgemeine Ver¬
bot von SA, SS und Arbeitsdienst im rückgegliederten Saargebiet sowie die
geforderte besondere Überwachung von Eisenbahn- und Straßenbau. Die deut¬
schen Diplomaten waren hingegen lediglich zu der Erklärung bereit, daß das
Saargebiet als Teil der entmilitarisierten Zone anzusehen sei58. Mit diesem
Schritt gab sich die französische Regierung zufrieden. Die Sorge, daß Entmili¬
tarisierung und Abrüstung im Völkerbundsrat diskutiert würden, war damit
„Die Saar kehrt heim“ herausgab. Daraus spricht, daß man im Reich bereits vor
dem 17. Januar die Rückgliederung für sicher hielt.
52 RGBl. Teil II, S. 135ff., 153f. und 155ff.
53 RGBl. Teil II, S. 149: Vereinbarung von Basel vom 11.2.1935.
54 DGFP, C, Bd. 3, Nr. 412. Zu den Wirtschaftsverhandlungen vgl. Aufzeichnungen v.
Ernst Poensgen (Verein Deutscher Eisen- und Stahlindustrieller) v. 10.1., 23.1. und
8.2.35 sowie seinen Bericht v. 8.2.35 an Min.dir. Ritter (AA): AA... betr. Rückglie¬
derung 1935, Bd. 1-3.
55 P a s s e , Georges, Le Plébiscite de la Sarre, Diss. Paris 1935, S. 182f.; S e i b t, Bern¬
hard, Die Rückgliederung der saarländischen Schwerindustrie, Diss. München 1941,
S. 8ff.
58 Rderl. des AA v. 14.1.35 an versch. Auslandsmissionen, Verm. Voigts v. 15.1 35:
A A ... betr. Rückgliederung 1935, Bd. 1.
57 Vgl. den Text des Aide-Mémoires mit hschr. Bemerkungen des Außenministers: AA
Büro RM betr. Saargebiet, Bd. 6.
58 DGFP, C, Bd. 3, Nrn. 441 und 443 S. 832.
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