daher nur diejenigen Quellen bayerischer Provenienz verwertet, die sich in den
oben genannten Archiven befanden. Nirgendwo fand sich der Hinweis, daß die
bayerische Staatsregierung eigene, ganz vom Reich und von Preußen unabhängige
Schritte und Maßnahmen unternommen hätte. Die im bearbeiteten Material be¬
findlichen Schriftstücke bayerischer Provenienz können daher als repräsentative
Stellungnahmen bayerischer Behörden gelten.
Ein weiterer Mangel der Quellenlage für die Zeit ab 1933 liegt darin, daß Unter¬
lagen der NSDAP des Saargebietes und des Gaues Rheinpfalz bzw. Saarpfalz
nicht erhalten sind. Die Rolle des pfälzischen Gauleiters der NSDAP, Bürckel,
bis zur Bildung der zweiten Deutschen Front 1934 kann daher nur in Umrissen,
vornehmlich anhand der Unterlagen für ein Parteigerichtsverfahren, das Bürckel
gegen den Landesleiter der NSDAP-Saar, Spaniol, 1937 anstrengte5, gezeichnet
werden. Ebenso ist die Registratur der Zentralreferate des Reichskommissars für
das Saarland bis auf geringe Reste im April 1945 in Würzburg verbrannt worden6.
Die erwähnten Quellen haben auch den neuesten Veröffentlichungen über die
Saarfrage zwischen 1920 und 1935 zugrunde gelegen. Unter den Parteien hat sich
Ministerialrat a.D. Ernst Kunkel besonders der Sozialdemokratischen Partei im
Saargebiete angenommen7. Seine Schrift will in erster Linie von bezogenem Stand¬
punkt aus die Haltung der Gegner Hitlers im Saargebiet, insbesondere der SPD,
verständlich machen. Ihr gegenüber ist die Dissertation von Maria Zenner8 im
Urteil ausgewogener, doch möchte man den teilweise sehr ausgleichenden Inter¬
pretationen M. Zenners die Formulierungen Kunkels als treffender vorziehen.
Neben E. Kunkel und M. Zenner befaßte sich der Amerikaner Guenter Lewy in
seiner Untersuchung des Verhältnisses der katholischen Kirche in Deutschland
zum Nationalsozialismus9 mit der Rolle der Bischöfe während der Abstimmungs¬
zeit. Lewys Formulierungen sind scharf und gehen teilweise auch zu weit10 11.
Mit den genannten L^ntersuchungen sind zum erstenmal Fragen der deutschen
Saarpolitik nach dem Ersten Weltkrieg anhand der Quellen behandelt worden.
Die zeitgenössische Saarliteratur entsprach großenteils den Bedürfnissen der
deutschen bzw. französischen Haltung in der Saarfrage. Selbst das reiche juristi¬
sche Schrifttum über das Saargebiet in Deutschland und Frankreich verleugnete
die jeweilige politische Einstellung nicht11. Dies wird am deutlichsten in der Frage,
wie die Staatlichkeit des Saargebietes beurteilt wird. Während deutsche Juristen
das von einer Regierungskommission des Völkerbundes regierte Saargebiet nur
5 Diese Unterlagen entstammen dem Personaldossier über Alois Spaniol im Document
Center Berlin. Sie wurden in Fotokopie im Landesarchiv Saarbrücken benutzt.
8 Auskunft von Herrn Landesarchivdirektor Dr. Herrmann v. 23. 10. 67.
7 Die Sozialdemokratische Partei des Saargebietes im Abstimmungskampf 1933/35,
Saarbrücken (1968).
8 Parteien und Politik im Saargebiet unter dem Völkerbundregime 1920—1935 (Ver¬
öffentlichungen der Kommission für Saarländische Landesgeschichte und Volksfor¬
schung 3), Saarbrücken 1966.
9 Die katholische Kirche und das Dritte Reich (The Catholic Church and Nazi-Ger-
many dt.), München 1965.
10 Vgl. auch die Kritik der Arbeit Lewys bei Böckenförde, Ernst-Wolfgang, Kir¬
che und Politik, in: Der Staat 5, 1966, S. 227—230.
11 Siehe z. B. die bei Zenner, Parteien, S. 13 Anm. 1 zitierten Werke.
14