scheidenden Paragraphen des Versailler Vertrages behandelt werden, die einen
Einblick in die veränderte wirtschaftliche Lage an der Saar gewähren und für die
Banken an der Saar von Bedeutung waren.
Nachdem das Deutsche Reich die Waffenstillstandsbedingungen angenommen
hatte, wurde das linksrheinische Deutschland durch alliierte Truppen besetzt und
ein Militärregime errichtet283. Das Saargebiet blieb vorläufig politisch und wirt¬
schaftlich ein Teil des Deutschen Reiches. Die französische Besatzungsmacht ver¬
suchte durch Lebensmitteleinfuhren die ärgste Not der Bevölkerung zu lindern,
verfolgte aber auch bereits eigene Interessen, die sehr bald bei den Verhandlungen
in Genf konkrete Formen annahmen.
Das Ergebnis dieser Verhandlungen in Genf — der Versailler Vertrag — befaßte
sich in Teil III Abschnitt IV in den Artikeln 42 bis 50 mit Anlagen 1—33 mit dem
Gebiet an der Saar284. Der Völkerbund trat als Treuhänder des Saargebietes auf
und ernannte am 13. Februar 1920 die Regierungskommission285, die aus fünf
Mitgliedern bestand. Für die wirtschaftlichen Verhältnisse an der Saar waren fol¬
gende Paragraphen286 von Bedeutung:
Artikel 45 „Als Ersatz für die Zerstörung der Kohlengruben in Nordfrankreich . . .
tritt Deutschland das volle und unbeschränkte, völlig schulden- und lastenfreie
Eigentum an den Kohlengruben im Saarbecken ... an Frankreich ab.“ Sollte
nach der Volksabstimmung in 15 Jahren das Saargebiet an Deutschland zurück-
fallen, so mußte es die Eigentumsrechte an den Gruben in Gold zurückkaufen.
Durch diese Bestimmung konnte Frankreich die wichtigste Schlüsselposition
in der saarländischen Industrie besetzen und einen großen Teil der Bevölkerung
in seine Abhängigkeit bringen287. Infolge des § 31 wurde das Saargebiet
dem französischen Zollsystem eingegliedert. Für Erzeugnisse der Hüttenindustrie
und für Kohle, die aus dem Saargebiet nach Deutschland ausgeführt wurden,
durften keine Ausfuhrzölle erhoben werden. Diese zollfreie Ein- und Ausfuhr¬
regelung für das Saargebiet und Deutschland sollte nach Inkrafttreten des
Versailler Vertrages für den Zeitraum von fünf Jahren gelten. Die Grundlage
für die Einführung einer zweiten Währung bildete der § 32. „Der Umlauf
französischen Geldes im Saarbeckengebiet unterliegt keinem Verbot und keiner
Beschränkung.“ Zudem hatte der französische Staat das Recht, sich bei allen
Käufen und Zahlungen und bei allen Verträgen über die Ausbeutung der
Gruben oder ihrer Nebenanlagen des französischen Geldes zu bedienen. Gemäß
§ 23 blieben die Gesetze, die am 11. November 1918 im Saargebiet in
Kraft waren, bestehen. Als auf Beschluß der französischen Regierung vom
1. Juli 1920 ab die Angestellten und Arbeiter der Saargruben in französischen
283 O. Metzger, Der Kampf um den saarländischen Markt, S. 31.
284 R. Fuchs, Die Kapitalverteilung, S. 10.
285 Vorsitzender der Regierungskommission war der Franzose Rault. Die weiteren
Mitglieder waren: J. Lambert, Belgien; Graf Moltke-Huitfeld, Dänemark; R. D.
Waugh, Kanada, und der Saarländer A. von Boch (E. Metzger, Der Einfluß des
Saarstatuts, S. 10).
280 A. Schneberger, Saarstatut, Art. 45, § 31 und § 32.
287 Die „administration des Mines Domaniales françaises du bassin de la Sarre“, wie
die Direktion der Saargruben seit dem 17. Januar 1920 hieß, beschäftigte Ende 1921
75 340 Arbeiter (H. Savelkouls, Der Franc im Saargebiet, S. 38).
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