Full text: Die Geschichte der Saarländischen Kreditbank Aktiengesellschaft (5)

Bei der Analyse der Bilanz des Jahres 1898 fällt vor allem der starke Abfall der 
Kundeneinlagen und eine Verdoppelung des Trattenkontos auf. Hier kam den 
Tratten die eindeutige Aufgabe zu, die entstandene Lücke zu schließen. Dadurch 
überstiegen die Verpflichtungen gegenüber der Kundschaft ein normales gesundes 
Verhältnis, das bei Banken 50 bis 60 °/o des Eigenkapitals sein sollte. Mit 1,8 
Millionen Mark jedoch wies das Trattenkonto den gleichen Betrag wie das 
Geschäftskapital aus154. Dies war das erste Anzeichen einer ungesunden Ge¬ 
schäftsentwicklung. Zudem stiegen 1899 die Debitoren um 1,2 Millionen Mark 
auf 4,4 Millionen Mark. Lediglich das Wechselkonto ging infolge der hohen 
Diskontsätze zurück. Die zur Deckung der Aktiva nötigen Beträge mußte das 
Bankhaus Lazard, Brach & Co. durch Lombardkredite, die es zu hohen Zins¬ 
sätzen bei der Reichsbanknebenstelle aufnahm, sich verschaffen155. Diese äußerst 
bedenkliche Verschiebung der einzelnen Bilanzpositionen und die ertragsmindern¬ 
den Lombardkredite hatten zur Folge, daß das Bankhaus innerhalb eines Jah¬ 
res an den Rand des Ruins kam. Eine Gegenüberstellung der Jahre 1897 und 1900 
soll diese Verschiebung zu Ungunsten des Bankhauses klar heraussteilen. 
Entwicklung der wichtigsten Aktiva und Passiva in Millionen Mark 
Jahr 
Debitoren 
Wechsel 
Kreditoren 
Tratten 
Lombard 
1897 
3,2 
0,6 
2,4 
0,5 
— 
1900 
4,7 
0,4 
1,3 
1,6 
0,4 
Der Anstieg der Debitoren um 32 °/o und der Rückgang der Kreditoren um 50 °/o 
wurde ausgeglichen durch eine Erhöhung der Tratten um 75 fl/o und die Aufnahme 
eines Lombardkredites. 
Die in den Jahren 1898 bis 1900 herrschende Geldknappheit veranlaßte zudem 
Kunden, ihre Guthaben bei den Banken zu verringern. Als Louis Lazard 1902 die 
Leitung des Bankhauses übernahm, ging er energisch daran, die Debitoren abzu¬ 
bauen und die hohen Trattenbestände zu verringern. Die große Geldflüssigkeit, 
die ab 1901 auf dem Markt herrschte, kam ihm dabei zu Hilfe. Trotz seines Er¬ 
folges konnte er den Niedergang des Bankhauses nicht mehr aufhalten, da eine 
154 Auch die Süddeutsche Bank in Mannheim war im Jahre 1902 zu hohe Verpflichtun¬ 
gen bei der Mannheimer Industrie eingegangen. Bei einem Aktienkapital von 6 Millio¬ 
nen Mark hatte die Bank 1904 Akzepte für 7,45 Millionen Mark gegeben, was 
124,2’% des Aktienkapitals waren. Inwieweit der Einfluß der Süddeutschen Bank 
auf das Bankhaus Lazard, Brach &c Co. zu einer ähnlichen Geschäftspolitik ging, 
kann leider nicht festgestellt werden. (DBA-Süddeutsche Bank). 
155 Aufgenommene Lombardkredite und Lombardzinssätze. 
Jahr Lombardkredit Zinssatz im Jahresdurchschnitt 
1899 80 000,— M 6,036% 
1900 385 000,— M 6,333 % 
1901 550 000,— M 5,099% 
Hierbei ist zu berücksichtigen, daß der Lombardzins 1899 und 1900 zeitweise 8% 
betrug. (Jahresberichte der Handelskammer pro 1899—1901, vgl. Anlage 3). 
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