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Nach der zitierten Stelle der Vita Adelheids von Vilich müßte es im 10. Jahr¬
hundert zwei Herzoge namens Gottfried gegeben haben, Vater und Sohn, von
denen der Sohn noch unverehelicht und wohl noch nicht in allzu fortgeschrittenem
Alter stehend starb. Bei letzterem dürfte es sich, worauf schon Schenk zu
Schweinsberg hinwies, um den im Sommer 964 in Mittelitalien von einer Seuche
im kaiserlichen Heer dahingerafften Godefridus dux Lotbariensis handeln23 24. Jener
wird auch in Ruotgers Vita Brunonis erwähnt: Brun, der Erzbischof von Köln
und Bruder Ottos d. Gr., auxiliäres copias ... de Lothariorum populo misit. His
prejuit Godefridus dux, quem ipse nutrivit, vir sapiens et religiosus, amantissimus
pacis, observantissimus qquitatis, imperatori per id tempus ad votum serviens,
omnibus placens. Hie eodem tempore febre correptus in magnam spem futurq
quietis exspiravit2i. Da Erzbischof Brun selbst frühestens 925 geboren war und
erst im Jahre 953 den Erzstuhl von Köln bestieg, wo er seine berühmte Dom¬
schule schuf25, kann aber bei dem bereits 964 verstorbenen Zögling Bruns (quem
ipse nutrivit!) nur der jüngere Gottfried der Adelheid-Vita, nicht der ältere, der
verehelicht und sogar Vater von fünf Kindern war, gemeint sein. Diesen jüngeren
Gottfried hat man dann wohl auch in der Urkunde vom 2. Juni 965 vor sich,
mit der Otto I. auf Bitten Bruns von Köln und des Grafen Richar pro remedio
animq . .. dilecti quondam ... ducis nostri Godefridi den Ort Villers-Ghislain
der Abtei St. Ghislain bestätigte; quam videlicet terram olim Godefridus bon§
memoriae dux noster ad stipendia fratrum ... ex beneficio, quod ex nobis babue-
rat, destinaverat pro remedio animae suae concedendam26.
Der ältere Gottfried kann hingegen kein lothringischer Herzog gewesen sein,
denn die Reihe der Lothringerherzöge von Giselbert bis Brun steht fest, ohne daß
dabei ein Gottfried erscheint. Man muß eher an einen Großen aus der Gruppe
der herzogsgleichen hochadligen Männer denken, denen in „nichtamtlichen“ Quel¬
len wegen ihres hohen Ansehens gelegentlich der dux-Titel beigegeben wird27. So
23 Contin. Reginonis ad 964, ed. F. Kurze, SS rer. Germ. S. 174: Ex qua pestilentia
obierunt Heinricus archiepiscopus Trevirensis et Gerricus abbas Wirzeburgensis et
Godefridus dux Lotbariensis. Auch Ann. Hildesheim, ad 963, ed. G. W a i t z ,
SS rer. Germ. (1878) S. 22: dux Godefridus . . . ceterique non pauci.
24 Ruotgeri Vita Brunonis c. 41, ed. I. Ott, MG SS rer. Germ. NS S. 43 f.
25 H. Sproemberg, Die lothringische Politik Ottos d. Gr., in: Rhein. Vjbl. XI
(1941) S. 51 und 79; J. Fleckenstein, Königshof und Bischofsschule unter
Otto d. Gr., in: Archiv f. Kulturgesdi. 38 (1956) S. 41 ff.
26 MG DD Otto I S. 408 nr, 291. — Als Todestag dieses Herzogs Gottfried läßt sich
der 5. August 964 ermitteln; vgl. F. W. Oediger, Die Regesten der Erzbischöfe
von Köln I S. 141 nr. 456, und ders., Die Stiftskirche des hl. Viktor zu Xanten
Bd. II, 3: Das älteste Totenbuch des Stiftes Xanten, hrsg. von F. W. Oediger
(1958) S. 63.
27 So etwa ging ja auch Regino von Prüm sehr freigebig mit dem dux-Titel um; der
Liber memorialis von Remiremont erwähnt den Grafen Richwin von Verdun als
dux (f. 34v).
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