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Die Verwandtschaft Ottos und Irmingards von Hammerstein
und die Familie des lothringischen Pfalzgrafen Gottfried aus
der 1. Hälfte des 10. Jahrhunderts
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Zwei Personen der Zeit Kaiser Heinrichs II. haben in älterer und jüngerer Zeit
immer wieder das Interesse der Historiker gefunden — sei es, daß man sich ihrem
persönlichen Schicksal in Bewunderung und Anteilnahme xuwandte bzw. an ihrem
Fall ein erstes Durchbrechen der inneren menschlichen Regungen durch den Schleier
der vor dem 12. Jahrhundert scheinbar noch alles überdeckenden Gefühlsanony¬
mität beobachtete, sei es, daß man an dem ihnen bereiteten Prozeß die Grund¬
sätze der kirchlichen und der weltlichen Ehegesetzgebung zu erkennen versuchte
wie auch Kaiser Heinrichs II. Haltung gegenüber dem mächtigen Adelsgeschlecht
der Konradiner betrachtete, ja sei es, daß man die Auswirkungen des durch ihre
Ehe entstandenen Streites auf das Verhältnis des Papsttums zum deutschen Epi¬
skopat während des zweiten Jahrzehntes des 11. Jahrhunderts studierte —: es
sind Otto und Irmingard von Hammerstein. Bezeichnet werden sie nach der am
rechten Rheinufer, unterhalb von Neuwied gelegenen Burg Hammerstein, die dem
Grafen Otto zusammen mit einer Grafschaft in der Wetterau von seinem Vater
überkommen war. Was ihm all sein Ungemach, die Verdammung auf verschiede¬
nen Synoden, den kirchlichen Bannspruch und die Belagerung, ja sogar die Zer¬
störung seiner Burg Hammerstein einbrachte, die er nach dreimonatiger Belage¬
rung zu Jahresende 1020 gegen die Gewährung freien Abzuges aufgeben mußte,
war seine Ehe mit der Gräfin Irmingard, einer entfernten Blutsverwandten,
und die Weigerung der beiden Gatten, diese Ehe aufzulösen1.
1 Allgemein vgl. R. Holtzmann, Geschichte der sächsischen Kaiserzeit, 900—1024,
(1941) S. 468—473; D. v. Keßler, Der Eheprozeß Ottos und Irmingards von
Hammerstein, Studie zur Gesch. des kathol. Eherechts im MA, Diss. Berlin 1923
(= Eberings Histor. Studien, H. 157); dazu die Besprechung von W. Hörmann
in ZRG kan. Abt. 13 (1924) S. 560 ff.; außerdem A. Ortegel, Irmingard von
Hammerstein im östlichen Franken (Mitteilungen des Vereins für Gesch. d. Stadt
Nürnberg 39, 1944) S. 5—50. — Eine dichterische Behandlung fand der Stoff in
Adolf von Wilbrandts Drama „Der Graf von Hammerstein“ (1870). In jüngster
Vergangenheit versuchte man sogar, das Schicksal dieser beiden Menschen für den
politischen Tageskampf auszumünzen; vgl. E. Rosendahl - Hannover, Deutsche
Menschen im Kampf mit Rom, Otto von Hammersteins Liebes- und Lebensroman,
in: „Völkischer Beobachter“ vom 5. 1. 1936.
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