Eine solche Zusammenfügung der ermittelten Einzelteile läßt auf das beste ver¬
stehen, wieso wir bei den sogn. „Matfriedingern" um 900 die Namen Gerhard
und Matfried antreffen, warum wohl Gerhard wiederum einem Sohn den Namen
Gottfried gab und weshalb wir schließlich bei dieses Pfalzgrafen Gottfried Kin¬
dern u. a. die Namen Gerhard, Adalhard und Gebhard vorfinden. Es ist — wie wir
wohl sagen dürfen — das Namengut der matfriedischen und der adalhardischen
Vorfahrenlinien69. Ob der Name Richarius, den der in den geistlichen Stand
eingetretene und 945 als Bischof von Lüttich verstorbene Bruder der am Beginn
des 10. Jahrhunderts so regen Grafen Gerhard und Matfried trug, an den Namen
Richardus erinnern sollte und in bewußter Zweitsilbenvariation gegeben wurde,
läßt sich kaum noch erraten. Aber auffällig ist doch immerhin — was nur nodh
nebenbei bemerkt sei —, daß man auf den Namen Richardus stößt, wenn man
die Familie Bosos, des in Italien tätigen unglücklichen Gemahls Ingeltruds, be¬
achtet. Seit langem sind ja dessen Verwandtschaftsverhältnisse erforscht70. Indem
wir somit Bosos Verwandte zusätzlich berücksichtigen und dabei auch feststellen
dürfen, daß die eingangs nur beispielhaft behandelte Familie der Lizuidis und
ihrer Vorfahren genealogisch doch gar nicht so weit von den hier hauptsächlich
Liutbert von Mainz (MG Epp. VII S. 115 nr. 129), der Erzbischof möge doch ipsas
sepe reclamatrices virosque earum aut homines ipsorum investire de iamdictis pro¬
prietatibus. Die beiden Töchter waren damals also bereits verheiratet und hatten
Untergebene in jenem Bereich, in dem die Güter lagen. Sie lebten also doch wohl
nördlich der Alpen!
69 Zum Namen Gebhard ist zu beachten, daß Adalhard I. der propinquus Utos, Beren¬
gars und Waldos, der Söhne des Grafen Gebhard I. vom Lahngau, war; vgl. dazu
oben S. 164 f. Anm. 59. — An dieser Stelle sei auch daran erinnert, daß jener Name
Stephan, der uns in der Familie der Grafen von Paris entgegentritt, auf welche wir
bei dem letzten großen Rückblick stießen, um 900 wiederholt in enger Verbindung
mit den sog. „Matfriedingern“ zu nennen war (vgl. oben S. 154). Die schon ge¬
legentlich aufgetauchte Vermutung, daß jener 901 erschlagene Graf Stephan ein Ver¬
wandter der Grafen Gerhard und Matfried, seiner Verbündeten, gewesen sein könnte,
dürfte also von einem Blick auf den Gesamtnamenbestand der Familie eine gewisse
Stütze erfahren. Wissen wir ja doch überdies von einem proximus affinis des Grafen
Gerhard namens Stephan, nämlich dem Bischof Stephan von Lüttich (vgl. dazu oben
S. 77 Anm. 25). Auch wenn Graf Stephan von einem Urkundenfälscher des 10./11. Jahr¬
hunderts (BM2 nr. 1901; MG DD Arnulf nr. + 188) als Bruder des Grafen Ger¬
hard und Matfried ausgegeben werden konnte, ohne damit Verdacht zu erwecken,
so dürfte die Vorstellung, daß diese Leute nahe verwandt waren, eine gewisse Ver¬
breitung gehabt haben. — Danach noch ein letztes: In der Familie der Grafen von
Paris trat uns gleichfalls der Name Leuthard entgegen. Liutharde hatten wir bei der
Behandlung der sogn. „Verduner Grafengruppe“ im 2. Abschnitt des Kapitels IV
zu beachten, wobei wir Grafen dieses Namens von 879 an im Bid-, Mosel- und Nied-
gau vorfanden (vgl. oben S. 102 Anm. 98). Man könnte nun versucht sein, in dem 879
bezeugten Grafen einen Nachkommen Leuthards von Fezensac (evtl, einen Neffen
des Seneschalls Adalhard) zu erblicken, doch begäbe man sich hier — ohne weitere
Anhaltspunkte — auf die Ebene bloßer Spekulation. Davor aber ist zu warnen!
70 Vgl. R. Poupardin, Le royaume de Provence S. 297 ff.; E. Hlawitschka,
Franken, Alemannen S. 158 ff.
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