Hierbei wird auf der Basis einer Mitteilung des am Anfang der 20er Jahre des
18. Jahrhunderts verstorbenen Abbé François de Camp von Signy, der ein Bre-
viarium der Abtei Graufthal für das Quellenzitat Richardus comes et filii eius
sunt restauratores nostri und eine Metzer Chronik als Grundlage für den Satz
Gerardus comes nostrae civitatis, filius Ricbardi potentis, angibt151, den drei be¬
rühmten Geschwistern — Graf Gerhard, Graf Adalbert und Adelheid, der Mutter
Kaiser Konrads II. — der von 965 (?) — 986 in Metz nachweisbare Graf Richard
als Vater vorangestellt. Für dessen Herleitung wiederum von dem 944 erschlage¬
nen Grafen Adalbert und der urkundlich als Gemahlin eines Adalbert und eines
Eberhard nachgewiesenen Wigerich-Tochter Liutgard gibt es keine Anhaltspunkte.
Nur mußte ja irgendwie die bezeugte Verwandtschaft zwischen Konrad II. und
Leo IX. erklärt werden, wobei zugleich eine strenge Nachfolgelinie in der Graf¬
schaft Metz gewahrt werden sollte. Dieses System hat aber einen entscheidenden
Fehler, Graf Gerhard von Metz wird in ihm in direkter Blutslinie mit Graf
Wigerich und Gräfin Kunigunde verbunden. Wir sahen aber bereits (s. oben Tafel
S. 91), daß Graf Gerhard von Metz mit Eva aus dem Hause Luxemburg ver¬
mählt war, die ihrerseits eine Tochter Siegfrieds von Luxemburg und damit eine
Enkelin Wigerichs und Kunigundes gewesen ist152. Graf Gerhard hätte demnach
eine Verwandte 2 : 3 kanonischen (=5. römischen) Grades zur Frau gehabt, eine
unmögliche Unterstellung, wenn man gerade die Zeit Kaiser Heinrichs II. behan¬
delt und sieht, welchen Anfeindungen Otto und Irmingard von Hammerstein
ausgesetzt waren, die nur im 3 : 4 kanonischen (= 7. römischen) Grade mitein¬
ander verwandt gewesen sind, und wenn man bedenkt, wie Heinrich II. noch
den Herzog Konrad von Kärnten daran zu hindern trachtete, eine Ehe 4 : 4 kano¬
nischen (= 8. römischen) Grades einzugehen, bzw. wie er diesen Konrad dafür des
Herzogtums entsetzte153. In der Bekämpfung Gerhards von Metz, der — wie
schon aufgezeigt — seine Luxemburger Verwandten in ihrer Rebellion kräftig
unterstützte und dabei zum Haupt des Widerstandes wurde154, hätte Heinrich II.
in einem solchen Falle ein zugkräftiges Argument in der Hand gehabt, das ihm
dazu alle geistigen und religiösen Kräfte verbunden hätte. Aber Heinrich konnte
mit einem solchen Argument nicht aufwarten. Somit ist die These von Crollius
beiseitezuschieben.
151 A. Calmet, Hist, de Lorraine 1. Aufl. I S. CXII, 2. Aufl. I S. CXLIX. Crollius
kannte diese Zitate nur aus dem angeführten Werk Calmets. Die von Calmet vorge¬
brachten Zweifel an der Metzer Chronik und am Graufthaler Breviar haben ihn indes¬
sen nicht beeindruckt. Wie es um die Überlieferung der Metzer Chronik wirklich be¬
stellt ist, wird unten im Exkurs (S. 174 ff.) ausführlich behandelt.
152 Vgl. oben S. 88 f. und S. 112.
153 Vgl. oben S. 63 Anm. 62.
154 Vgl. oben S. 88,
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