dem bisherigen Wege erreichen, d. h. durch Schritte beim Völkerbund233.
Man machte geltend, im Versailler Vertrag selbst sei der Völkerbund zu
einer Umgestaltung legitimiert auf Grund des Artikels 46, der ihm als
Treuhänder das Wohl der Saarbevölkerung anvertraue. Die wirtschaftlichen
Probleme, die angesichts der Sperrung der Zollgrenzen gegenüber dem
Deutschen Reich, der beginnenden Verschlechterung der französischen Wäh¬
rung und der fortschreitenden wirtschaftlichen Sanierung Deutschlands auf¬
tauchten, bildeten die Basis zu Forderungen, die sich von Ausnahmebestim¬
mungen für die deutsche Einfuhr an der Saar über Forderungen zur Wieder¬
einführung der deutschen Währung bis zur Nichtdurchführung der Ein¬
gliederung ins französische Zollsystem erstreckten. Vom Völkerbund wurde
eine konstruktive Politik in dieser Richtung verlangt.
Diese Tendenz in der Politik der saarländischen Parteien, die letztlich in
der Erbitterung über die Abtrennung vom Deutschen Reiche wurzelte,
wurde endgültig und unmißverständlich für die Weltöffentlichkeit in der
saarländischen Feier der tausendjährigen Zugehörigkeit des Rheinlandes
zum Deutschen Reich im Jahre 1925 offenbar 234. Die Saarländer gaben
dieser Feier eindeutig den Charakter einer Vorabstimmung; die Reaktionen
der saarländischen Parteien auf das Vertragswerk und die Saarpolitik der
Regierungskommission und Frankreichs hatten so bereits 1925 für 1935
alles entschieden. Die Parteien vertraten hinfort die Auffassung, daß das
Saarregime überholt sei 235. Auch angesichts dieser Entwicklung besaß der
Völkerbund keine politische Möglichkeit, da das Saargebiet ihm als Ver¬
waltungsaufgabe zugewiesen war und seine eigene Existenz auf dem Ver¬
sailler Vertrag basierte. Für ihn galt der Rechtsgrundsatz: Pacta sunt ser¬
vanda. Das Sekretariat hörte die Wünsche und Erklärungen der Saarbevöl¬
kerung an, wies die Parteivertreter aber immer wieder darauf hin, daß
diese Gegenstände eine deutsch-französische Angelegenheit seien und nicht
vom Sekretariat aufgegriffen werden könnten. Neben der Reibungsfläche
zwischen Regierung und Bevölkerung — auch nach der Umwandlung im
Saarregime — blieb die Möglichkeit ständiger Mißverständnisse zwischen
Völkerbund und saarländischen Parteien, da sie das Unvermögen des
Völkerbundes, die Lösung der Saarfrage einzuleiten, weder verstanden
noch akzeptierten.
233 S.D.N. Dokumente: C. 126. M. 36. 1924. I. Denkschrift der pol. Parteien v. 29. 2.
1924 „Die Auswirkung der Frankenentwertung auf das Wirtschaftsleben des Saar¬
gebietes“; C. 413. M. 152. 1924. I. Denkschrift der pol. Parteien v. 9. 8. 1924 „Die
mißbräuchliche Ausbeutung des Saargebietes durch Frankreich“; C. 116. M. 56. 1925.
I. Denkschrift der pol. Parteien v. 16. 2. 1925 „Die unhaltbare zollpolitische Lage des
Saargebietes“; C. 128. M. 57. 1925. I. Denkschrift der pol. Parteien v. 20. 2. 1925:
„Die beabsichtigte Währungsverschlechterung im Saargebiet“.
234 Rheinische Jahrtausend-Feier im Saargebiet, Saarbrücken und Völklingen 1925,; L.
Bruch, Jahrtausend-Feier der Rheinlande im Saargebiet, Saarbrücken — Völklingen
1925.
235 Vgl. über die Weiterentwicklung dieser Auffassung unten S. 211 ff.
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