Full text: Parteien und Politik im Saargebiet unter dem Völkerbundsregime 1920 - 1935

die ungehinderte Ausbeutung der Saargruben zuspreche. Er wurde von 
ihnen in dieser Debatte gegenüber dem Artikel 46, der Rechte und Wohl¬ 
fahrt der Bevölkerung garantierte, überbetont. Aus seiner Sicht verteidigte 
Rault mit Entschiedenheit seine Beziehungen zur französischen Regierung 
und sein Verhalten ihr gegenüber. Er sei gleichzeitig „délégué français“ 
et „le fidéicommissaire de la Société des Nations“. In Berufung auf § 13 
des Saarstatuts wollte er die Berechtigung zur Übergabe der Unterlagen 
über das saarländische Budget an die französische Regierung nachweisen. 
Er mußte die Existenz einer Privatkorrespondenz mit der französischen 
Regierung zugeben, über deren Inhalt er die übrigen Mitglieder der Kom¬ 
mission nicht orientierte. Mit Berufung auf Abschnitt 3 des § 30 und das 
Interpretationsrecht der Regierungskommission (§ 33) verteidigte er die 
Anwesenheit des französischen Militärs, und in der Frage der Gendarmerie 
stellte er sich auf den Standpunkt, daß zur Aufrechterhaltung der Ordnung 
4000 Mann notwendig seien und er deshalb nicht sagen könne, wann die 
französischen Truppen zurückgezogen werden könnten. Diese Interpreta¬ 
tionen Raults und Frankreichs wurden durch die Beurteilung Lord Robert 
Cecils infrage gestellt, das Vorgehen bei Erlaß der Notverordnungen kri¬ 
tisiert, die französischen Garnisonstruppen als Dauerlösung abgelehnt. Die 
Zusammensetzung der Regierungskommission und die Vorgänge bei den 
Berufungen Moltke-Huitfeldts und Lands, des saarländischen Mitglieds, der 
an die Stelle Flectors getreten war, wurden erörtert. 
Das Schlußkommunique204, das von dem Belgier Hymans, dem Spanier 
M. Quinones de Léon und Colban205 ausgearbeitet wurde, war in seinen 
Formulierungen sehr vorsichtig. In dem Schlußabschnitt wurde der Kom¬ 
mission Anerkennung für ihr Verwaltungswerk ausgesprochen und volle 
Unterstützung in der Erfüllung ihrer Aufgaben zugesagt. Außerdem wur¬ 
den die wirtschaftlichen Gründe, die zur Einführung der französischen 
Währung geführt hatten, gebilligt. Das Sekretariat wollte verhindern, daß 
das moralische Prestige des Rates und der Regierungskommission unter¬ 
graben würde. Die Erklärung verlieh aber der Hoffnung Ausdruck, daß 
die Notverordnungen im gegebenen Augenblick zurückgezogen würden, 
sprach sich gegen die fremden Garnisonstruppen und für den raschen Aus¬ 
bau der lokalen Gendarmerie aus, betonte die Verantwortlichkeit der 
Kommission vor dem Völkerbund und ihre kollektive Verantwortung für 
alle Regierungsmaßnahmen. 
Colban schrieb in einem Privatbrief an Gilchrist seine Eindrücke über diese 
Ratstagung und ihre Ergebnisse nieder: 
„You appear to hâve the idea that I hâve changed my opinion on the Saar ques¬ 
tion. This is by no means the case, and I even, after the termination of the last 
Council Session, explained to Morize verbally, in answer to his positive query, 
that I hope not to be called upon to go to the Saar as long as M. Moltke and 
204 Ebenda, S. 930. 
205 S.D.N. Archives des Sect. du Secrétariat, Sect. Pol. Sarre, Nr. 57,12. 
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