die ungehinderte Ausbeutung der Saargruben zuspreche. Er wurde von
ihnen in dieser Debatte gegenüber dem Artikel 46, der Rechte und Wohl¬
fahrt der Bevölkerung garantierte, überbetont. Aus seiner Sicht verteidigte
Rault mit Entschiedenheit seine Beziehungen zur französischen Regierung
und sein Verhalten ihr gegenüber. Er sei gleichzeitig „délégué français“
et „le fidéicommissaire de la Société des Nations“. In Berufung auf § 13
des Saarstatuts wollte er die Berechtigung zur Übergabe der Unterlagen
über das saarländische Budget an die französische Regierung nachweisen.
Er mußte die Existenz einer Privatkorrespondenz mit der französischen
Regierung zugeben, über deren Inhalt er die übrigen Mitglieder der Kom¬
mission nicht orientierte. Mit Berufung auf Abschnitt 3 des § 30 und das
Interpretationsrecht der Regierungskommission (§ 33) verteidigte er die
Anwesenheit des französischen Militärs, und in der Frage der Gendarmerie
stellte er sich auf den Standpunkt, daß zur Aufrechterhaltung der Ordnung
4000 Mann notwendig seien und er deshalb nicht sagen könne, wann die
französischen Truppen zurückgezogen werden könnten. Diese Interpreta¬
tionen Raults und Frankreichs wurden durch die Beurteilung Lord Robert
Cecils infrage gestellt, das Vorgehen bei Erlaß der Notverordnungen kri¬
tisiert, die französischen Garnisonstruppen als Dauerlösung abgelehnt. Die
Zusammensetzung der Regierungskommission und die Vorgänge bei den
Berufungen Moltke-Huitfeldts und Lands, des saarländischen Mitglieds, der
an die Stelle Flectors getreten war, wurden erörtert.
Das Schlußkommunique204, das von dem Belgier Hymans, dem Spanier
M. Quinones de Léon und Colban205 ausgearbeitet wurde, war in seinen
Formulierungen sehr vorsichtig. In dem Schlußabschnitt wurde der Kom¬
mission Anerkennung für ihr Verwaltungswerk ausgesprochen und volle
Unterstützung in der Erfüllung ihrer Aufgaben zugesagt. Außerdem wur¬
den die wirtschaftlichen Gründe, die zur Einführung der französischen
Währung geführt hatten, gebilligt. Das Sekretariat wollte verhindern, daß
das moralische Prestige des Rates und der Regierungskommission unter¬
graben würde. Die Erklärung verlieh aber der Hoffnung Ausdruck, daß
die Notverordnungen im gegebenen Augenblick zurückgezogen würden,
sprach sich gegen die fremden Garnisonstruppen und für den raschen Aus¬
bau der lokalen Gendarmerie aus, betonte die Verantwortlichkeit der
Kommission vor dem Völkerbund und ihre kollektive Verantwortung für
alle Regierungsmaßnahmen.
Colban schrieb in einem Privatbrief an Gilchrist seine Eindrücke über diese
Ratstagung und ihre Ergebnisse nieder:
„You appear to hâve the idea that I hâve changed my opinion on the Saar ques¬
tion. This is by no means the case, and I even, after the termination of the last
Council Session, explained to Morize verbally, in answer to his positive query,
that I hope not to be called upon to go to the Saar as long as M. Moltke and
204 Ebenda, S. 930.
205 S.D.N. Archives des Sect. du Secrétariat, Sect. Pol. Sarre, Nr. 57,12.
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