dentschaft innerhalb der Regierungskommission dem Franzosen zu über¬
tragen, da in Anbetracht der großen wirtschaftlichen Vorteile Frankreichs
an der Saar das Wohl der Bevölkerung eine enge Zusammenarbeit mit
Frankreich notwendig mache, die auf diese Weise am besten gewährleistet
werden könne13. In der gleichen Sitzung wurde auf Vorschlag des Griechen,
dessen Bericht in enger Zusammenarbeit mit dem Sekretariat abgefaßt wor¬
den war14, ebenfalls beschlossen, die französischen Truppen im Saargebiet
zu belassen, bis eine lokale Gendarmerie geschaffen sei, wie sie der § 30 des
Statuts zum Schutze der „Person und des Eigentums im Saarbecken“ vorsah.
Damit trat die Regierungskommission unter einem französischen Präsidenten
und unter dem Schutze der französischen Besatzungsarmee ihr Amt an. Das
schuf von vorneherein bei der Saarbevölkerung Mißtrauen, besonders da in
der Periode der französischen Besatzung zur Zeit der Friedensverhand¬
lungen bereits Versuche unternommen worden waren, Frankreichs Position
an der Saar über die im Vertrag hinaus erreichten Erfolge zu erweitern15.
Die Saarbevölkerung hatte die Vertragsbestimmungen als schweres Unrecht
angesehen, und die Atmosphäre der Erbitterung gegenüber Frankreich war
in der Besatzungszeit noch gewachsen16. Beachtet man weiter, daß komplexe
und komplizierte Aufgaben im Zusammenhang mit der im Vertrag vor¬
gesehenen Übernahme der Rechte des Deutschen Reiches, Preußens und
Bayerns auf die Kommission harrten, wird die Schwierigkeit ihrer Position
deutlich.
2. Die Grundzüge der Regierungsweise unter Führung des
Präsidenten Rault
Als die Regierungskommission im März 1920 ihre Tätigkeit in Saarbrücken
aufnahm, fiel Rault auf Grund seiner Präsidentschaft und der Tatsache, daß
er neben dem Saarländer das einzige Mitglied der Kommission war, das mit
Saarproblemen — wenigstens in französischer Sicht — vertraut war, ein
unbedingtes Übergewicht zu. Dieses verstärkte sich noch, als die Ressorts
verteilt wurden und Rault für sich Inneres, Äußeres, Plandel, Industrie und
13 S.D.N. J.O. 1,2 (1920), S. 45 ff.; Deutsches Weißbuch, S. 66 f.
14 So Röchling, Wir halten die Saar, S. 56, ganz allgemein über die Berichte der
Frühzeit. Das zeugt erneut von guter Information, da im Anfangsstadium die Be¬
richte für die Ratssitzungen meist vom Sekretariat sehr eingehend, teilweise wörtlich
vorbereitet, auf jeden Fall aber in engster Absprache mit dem Sekretariat ausgearbei¬
tet wurden. Teilweise wurden sie sogar vorher zur Information an Rault übersandt.
S.D.N. Archives du Secretariat, Section Politique, Sarre Nr. 57,12 Colban (personnel).
Hier Korrespondenz mit Rault über Berichte im Rat.
15 Dokumente dazu: Deutsches Weißbuch, S. 25—31; S. 32—39; S. 43—48.
16 S.D.N. J.O. 1,3 (1920), S. 102. Rault spricht in seinem I. Periodischen Bericht selbst
von den Härten des Besatzungssystems, die zur Erbitterung der Bevölkerung führten.
Coursier, a. a. O., S. 21—26, empfindet klar, daß das Saarstatut dem Selbst¬
bestimmungsrecht der Völker widerspricht. Er spricht von einem Widerstreit zwi¬
schen einem politischen Recht (Selbstbestimmungsrecht) und einem wirtschaftlichen
Recht im Reparationsanspruch Frankreichs. Bei der Anerkennung der Tatsache, daß
das Selbstbestimmungsremt gegen die Abtrennung des Saargebietes sprach, weist er
jedoch den wirtschaftlichen Vorrechten Frankreichs rechtschaffende Bedeutung im
internationalen Status des Saargebietes zu.
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