gesetzt7. Am 13. Februar 1920 wurden vom Rat des Völkerbundes ernannt:
der französische Staatsrat Rault, den Clemenceau ausgewählt und der
dessen Ziele in der Saarpolitik vertreten hatte8, der Belgier, Major Lambert,
der in der damaligen politischen Konstellation ebenfalls als treuer Partei¬
gänger Frankreichs angesehen werden mußte, der Däne Graf Moltke-Huit-
feldt, ein Pariser Rennstallbesitzer und Lebemann, der auf Initiative Frank¬
reichs berufen worden war9, und der Saarländer Alfred von Boch, eine un¬
abhängige Persönlichkeit. Boch trat aber bereits während des Beamtenstreiks
1920 zurück und wurde durch den Arzt Dr. Hector ersetzt, der während der
Besatzungszeit durch französischen Einfluß anstelle des ausgewiesenen
Dr. Gilles Bürgermeister von Saarlouis geworden war und die Ziele der
Franzosen in der Stadt eifrig verfolgt hatte10. Die Engländer schlugen als
fünftes Mitglied den Kanadier Waugh vor, der aber erst Anfang April nach
Saarbrücken kam11. Diese Verzögerung erklärte sich aus der Tatsache, daß
England nicht bereit war, einen Engländer zu nominieren, nachdem die
Präsidentschaft in der Kommission einem Franzosen zuerkannt werden
sollte12. In der Ratssitzung vom 13. Februar 1920 gab der griechische Rats¬
vertreter Caclamanos den Bericht über die Saar und schlug vor, die Präsi-
7 So H. Röchling, Das Saargebiet und der Völkerbund in: A. Grabowsky und
G. W. Sante, Die Grundlagen des Saarkampfes, Berlin 1934, S. 206; H. Rost in g,
a. a. O., S. 68, betonte, daß der Völkerbund 1920 fast noch in einem embryonalen
Zustand gewesen sei. Lambert, a. a. O., S. 95, stellt heraus, daß der Völkerbund
am Anfang nicht unparteiisch war. Vgl. über den Kampf Frankreichs für die Präsi¬
dentschaft eines Franzosen auch Katsch, a. a. O., S. 72f.
8 H. Hirsch, Die Saar von Genf (Rheinisches Archiv Nr. 46), Bonn 1954, S. 18.
Vgl. die Übersicht über die Mitglieder der Regierungskommission im Anhang, un¬
ter S. 420 ff.
9 S. Osborne, The Saar question, A Disease spot in Europe, London 1923, S. 128,
behauptete, daß die dänische Regierung nicht einmal gefragt worden war über diese
Ernennung. In der Ratsdebatte vom Juli 1923 griff Lord Robert Cecil diese Frage
auf. Graf Moltke-Huitfeldt gab daraufhin folgende Erklärung ab: „M. Moltke-Huit-
feldt déclare, pour remettre les choses au point, qu’en 1920, le Gouvernement danois,
pour des raisons qui lui sont personnelles — le Conseil appréciera — n’a pas voulu
désigner M. de Moltke pour être membre de la Commission de Gouvernement, mais
qu’on a demandé à ce Gouvernement si cette désignation lui serait agréable, il a
répondu affirmativement. Voilà exactement la situation à cette époque, 1920.“ S.D.N.
J.O. IV,8 (1923), S. 911. Diese Darstellung Moltke-Huitfeldts entsprach den Informa¬
tionen, die Cecil in englischen Regierungskreisen erhalten hatte (ebenda).
10 Deutsches Weißbuch, S. 48/9; S.D.N. C. 642. M. 382. 1922 I: Denkschrift der politi¬
schen Parteien, „Betrifft Dr. Hector, Mitglied der Regierungskommission des Saar¬
gebietes“; S.D.N. C. 233. M 133. 1923 I: Denkschrift der politischen Parteien, „Der
Fall Hector und seine Konsequenzen“; bes. in der letzten Denkschrift wurde be¬
wiesen, wie Dr. Hector eine Petition der Stadt Saarlouis in profranzösischem Sinne
umgearbeitet und weitergereicht hatte. Vgl. Verzeichnis der Denkschriften nach Genf,
Anlage 6 im Anhang S. 347 ff.
« S.D.N. J.O. 1,4 (1920), S. 192.
12 So Röchling, Wir halten die Saar, Berlin 1934, S. 53; die Behauptung Röchlings,
daß Lord Balfour vor der Februartagung verlangt habe, daß England den Vorsitz
in der Regierungskommission für das Saargebiet erhalte, Clemenceau aber erklärte,
er habe sie bereits Rault versprochen, wird v. Wambaugh a. a. O., S. 74, Anm. 2,
berichtet. Da Sarah Wambaugh bereits damals Mitarbeiterin im Völkerbundssekreta¬
riat war, spricht diese Fußnote für eine richtige Orientierung Röchlings. Das Buch
von Röchling, wenn auch unmittelbar für den Abstimmungskampf an der Saar ge¬
schrieben, zeugt im ganzen von einer guten Information Röchlings über inter¬
nationale Vorgänge in der Saarfrage.
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