arbeiten nur dann möglich sein wird, wenn die Regierungskommission ihre
bisherige Politik von Grund aus ändert, denn die bisherige Politik der Re¬
gierungskommission, die im wesentlichen darauf hinausging, das deutsche
Saargebiet von seinem Mutterlande abzutrennen, hat die Bevölkerung des
Saargebietes bitter enttäuscht.
Auch die Verordnung betreffend Gründung des Landesrates hat die Be¬
völkerung enttäuscht. Sie hatte erwartet, daß ihr eine Volksvertretung ge¬
währt würde, der nicht das wichtigste Recht einer Volksvertretung, nämlich
das Mitbestimmungsrecht fehlt- Die deutsch-demokratische Partei wird nicht
aufhören, auf alle mögliche gesetzliche Weise für eine Volksvertretung 2u
kämpfen, die das Mitbestimmungsrecht, das Budgetbewilligungsrecht, das
Recht der Initiative haben wird, die sich ihren Präsidenten aus ihrer Mitte
wählen wird, die das Recht hat, auf eigenen Wunsch zusammenzutreten,
deren Mitglieder immun sind, und in welcher nicht nur im Saargebiet Ge¬
borene, sondern alle Saareinwohner gewählt werden können. Besonders die
Bestimmung, daß nur im Saargebiet Geborene das passive Wahlrecht haben,
hat viel böses Blut gemacht. Diese Bestimmung war ganz sicher durch keine
Vorschrift des Vertrages von Versailles geboten. Auch im übrigen war eine
solche Volksvertretung mit Mitbestimmungsrecht nach Ansicht weiter Kreise
schon nach den jetzigen Bestimmungen des Vertrages von Versailles möglich,
denn nach diesem hat die Regierungskommission das Recht, alle Vertretun¬
gen zu berufen, die sie für erforderlich hält. Eine solche Vertretung mit Mit¬
bestimmungsrecht ist eben erforderlich. Eine solche Volksvertretung würde
keineswegs den Parlamentarismus bedeuten. Die Regierungskommission
würde nach wie vor dem Völkerbunde verantwortlich sein und nicht der
Volksvertretung gegenüber. Bei Differenzen zwischen der Regierungskom¬
mission und der Volksvertretung müßte der Völkerbundsrat entscheiden.
Ist die Schaffung einer solchen Volksvertretung nach dem Vertrag von Ver¬
sailles aber nicht möglich, so müßte dieser eben geändert werden. Und die
Regierungskommission müßte, wenn sie demokratischen Grundsätzen hul¬
digt und ihr das Wohlergehen der Bevölkerung am Herzen liegt, selbst die
Initiative dazu ergreifen, weil eine solche Volksvertretung der allgemeine
Wunsch der Bevölkerung des Saargebietes ist.
Die deutsch-demokratische Partei hat, ebenso wie die übrigen Parteien,
immer ihre Bereitwilligkeit erklärt, mit der Regierungskommission zusam¬
menzuarbeiten. Dieser Bereitwilligkeit gebe ich auch jetzt wieder Ausdruck,
glaube aber nochmals betonen zu müssen, daß eine gedeihliche Zusammen¬
arbeit nur dann möglich sein wird, wenn die Regierungskommission ihren
bisherigen Kurs ändert und insbesondere die Gutachten des Landesrates
mehr berücksichtigt, als sie früher die Gutachten der Stadträte und Kreistage
berücksichtigt hat.
Vor allem sollte die Regierungskommission aus dem Ausfall der Wahlen
erkennen, daß die Bevölkerung des Saargebietes deutsch ist und bleiben will.
Dieses Bekenntnis der Bevölkerung zum Deutschtum ist, was ich besonders
betone, kein nationalistischer Chauvinismus, sondern es ist der Ausdruck der
Liebe zur deutschen Heimat und zum deutschen Volke, es ist das Gefühl der
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