tholischen Kreise Merzig, St, Ingbert und St. Wendel. In diesen Kreisen
blieb auch bei den Novemberwahlen 1932 der Erfolg der Nationalsozia¬
listen noch unter fünf Prozent. Zwischen fünf und sechs Prozent bewegten
sich bei den Märzwahlen die Kreise Saarbrücken-Land, Ottweiler und Saar¬
louis, die überwiegend industriell, konfessionell aber ganz verschiedenartig
zusammengesetzt sind. Während im Kreis Saarbrücken die Bevölkerung
durchgängig in allen Orten konfessionell stark gemischt ist, es im Kreis Ott¬
weiler rein katholische und fast rein evangelische Orte und Gebiete gibt, ist
der Kreis Saarlouis katholisch. Im allgemeinen läßt sich zwar feststellen, daß
die ländliche und bürgerliche evangelische Bevölkerung geringere Vorbehalte
gegenüber dem Nationalsozialismus hatte42 und die radikale Arbeiterschaft,
gleich welcher Konfession, eher zum Kommunismus als zum Nationalsozia¬
lismus neigte, aber es spielten auch örtliche Gegebenheiten eine Rolle und
veränderten das Bild in jeder Stadt und in jedem Dorf43. Die Anhänger¬
schaft der Nationalsozialisten und ihre Stimmen verteilten sich auf das
ganze Land, ohne daß irgendwo entscheidende Positionen gewonnen wur¬
den. Daß es den Nationalsozialisten an Leuten fehlte, die das Vertrauen der
Bevölkerung gewinnen konnten, zeigte sich besonders bei den Kommunal¬
wahlen. Im Gegensatz zu Deutschland war bei den Novemberwahlen auf
der Kreisebene der Stimmenanteil der Nationalsozialisten noch um ein Pro¬
zent gestiegen. Der Nationalsozialismus war an der Saar erst im Anwachsen
begriffen. Auf der Gemeindeebene war der Erfolg wesentlich geringer; hier
wirkte sich die Kenntnis der Persönlichkeiten für die Nationalsozialisten
nachteilig aus. Die Wahlerfolge der NSDAP gingen im allgemeinen auf
Kosten der Staatspartei, der Deutschnationalen und der Deutsch-Saarlän¬
dischen Volkspartei44. Da gleichzeitig die absolute Stimmenzahl des Zen¬
trums und die absolute und relative der Kommunisten noch anstiegen, muß
die nationalsozialistische Anhängerschaft sich vor allem auch aus Kreisen
der arbeitslosen Jungwähler zusammengesetzt haben. Die drei politisch
bestimmenden Saarparteien, das Zentrum, die Sozialisten und die Deutsch-
Saarländische Volkspartei bekämpften die Nationalsozialisten zwar in den
Jahren 1931 und 1932 leidenschaftlich wegen ihrer antisozialistischen und
antichristlichen Haltung und ihrer Judenhetze, aber der Nationalsozialismus
stellte für sie doch keine ernsthaft die Saar beunruhigende Erscheinung dar.
Erst nach dem 30. Januar 1933 wurde der Nationalsozialismus für die Saar¬
länder und die politischen Parteien ein lebenswichtiges Problem, aber da
ging es schon nicht mehr nur um eine Partei oder um eine revolutionäre
Bewegung, sondern um das Verhältnis zu den Politikern, die Macht in einem
Lande besaßen, dem man sich zugehörig fühlte und zu dem man zurück¬
kehren wollte.
42 Z. B. lag in der Bürgermeisterei Eppelborn in den Orten Dirmingen und Bersch¬
weiler, die überwiegend evangelisch sind, der Stimmenanteil der NSDAP wesentlich
höher als in den katholischen Dörfern derselben Bürgermeisterei.
43 Z. B. Uberherrn, „Die Wiege des Nationalsozialismus im Kreis Saarlouis“, rein katho¬
lisch: 13. 3. 1932: 29,6 % NSDAP.
44 Vgl. auch Straus, a. a. O., S. 143 ff.
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