allem unter dem Gesichtspunkt einer Festsetzung französischen Kapitals in
den Saargruben des Warndts und damit einer wirtschaftlichen Abhängigkeit
eines Teiles der Saarbergarbeiterschaft von Franzosen dargestellt. So war
die nationale Erbitterung gegenüber Frankreich wieder aufgelebt, und nach
Abbruch der Verhandlungen hatte man das Gefühl, energisch die Vorbe¬
reitung der Abstimmung von 1935 beginnen zu müssen. Da die Associa¬
tion Française de la Sarre das Scheitern der Verhandlungen gewünscht und
eine Abstimmung für die Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Zustandes
in französischem Interesse propagiert hatte und einige Verhandlungspartner
bereits während der Pariser Gespräche geäußert hatten, daß eine Abstim¬
mung 1935 doch vielleicht für den status quo statt für Deutschland ausfallen
werde190, fühlte man sich durch Frankreich dauernd bedroht. Die weitere
Tätigkeit der Association Française und neu auftauchende französische Saar¬
pläne, wenn sie auch nicht aus Regierungskreisen stammten, nährten diese
Gefühle. So entwickelte z. B. der Graf de Fels im Januar 1931 in der „Re¬
vue de Paris“ den Plan, das Saargebiet solle Sitz des Völkerbundes werden,
nachdem Deutschland und Frankreich im Geiste der Völkerversöhnung auf
dieses Gebiet verzichtet hätten191. Auch der Plan einer Aufschiebung der
Abstimmung im Dienste Frankreichs tauchte auf. Als Brüning die Repara¬
tionszahlungen kündigte, schlug man in Frankreich vor, die Saarabstimmung
solange zu verhindern, bis Deutschland die Reparationen gezahlt habe192.
Der Warndtbund, eine Vereinigung, die den französischen Interessen im
Warndt diente, und andere autonomistische Verbände warben an der Saar
selbst für französische Ziele193. Die Folge war eine wachsende politische
Aktivität aller Parteien an der Saar. Die Zusammenarbeit mit dem Bunde
der Saar vereine und die Versammlungs- und Rednertätigkeit wurden gestei¬
gert. Man wollte eine Abstimmung mit 99 Prozent für Deutschland, um alle
Pläne Frankreichs auf den Warndt evident zu durchkreuzen. Da der Völker¬
bund nach § 35 des Saarstatuts bestimmte, wie die Wahl auszuwerten sei,
hielt man eine solche Kundgebung des einheitlichen Willens für eine not¬
wendige und wesentliche Demonstration. Da neben diesen Fragen die wach¬
sende Arbeitslosigkeit, das Erstarken des Kommunismus und die erste Ent¬
faltung des Nationalsozialismus an der Saar die Öffentlichkeit bewegten,
verschärfte sich das politische Klima. Die Saarverhandlungen hatten durch
ihr negatives Ergebnis zu einer erneuten Belastung des deutsch-französischen
Verhältnisses und des politischen Lebens im Saargebiet geführt.
190 A. A., a. a. O., Bd. 5, II SG 2415, so Tardieu am 14. 10. 1929 zu Hoesch; Bd. 3,
II SG 1845, Labouiaye am 19. 9. 1929 zu Hoesch.
191 Über die Pläne des Grafen de Fels Hirsch, Die Saar von Genf, S. 50; außerdem
Le Temps v. 22. 1. 1931 „La Sarre et la Paix“ u. v. 13. 6. 1932 „Sarre et Lausanne“;
S.L.2. Nr. 16 v. 17. 1. 1931.
192 Volksstimme Nr. 22 v. 27. 1. 1932, „Das Saar-Faustpfand“, Bericht v. M. Braun.
193 Gegen diese Tätigkeit wandte sich J. Hoffmann in verschiedenen Artikeln der S.L.Z.
Nr. 34 v. 4. 2. 1931 „Rosenbeck-Koch“ und Nr. 52 v. 22. 2. 1931 „Die ,Aufklärung'
des Forbacher Micum-Blattes“; außerdem S.Z. Nr. 171 v. 21. 1. 1931, „Saardelegation
bei Curtius“, S.L.Z. Nr. 299 v. 2. 11. 1932. Ein Bericht über die Tätigkeit des Warndt¬
bundes auch in AStA München MInn 47 097.
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