ringen und stellte heraus, daß die Franzosen dort trotz ihrer Zusicherungen
die konfessionelle Volksschule unterhohlt hätten60. Der Bischof von Trier
und die Geistlichkeit beanstandeten, daß in den französischen Domanial-
schulen Religionsunterricht, Konfessionalität und Trennung der Geschlechter
nicht wie in den saarländischen Volksschulen gesichert seien61. Auf dem
Höhepunkt der Auseinandersetzung um die Domanialschule im Jahre 1923
wandte man sich deshalb an den Bischof von Trier und erbat seine Unter¬
stützung62. Der Bischof veröffentlichte am 27. Februar 1923 einen Hirten¬
brief, in dem es hieß:
. . Und doch erfüllen mich die Nachrichten mit großer Sorge, welche ich seit
einiger Zeit über die Volksschulverhältnisse in dem zum Saargebiet gehörenden
Teil meiner Diözese erhalte. Ein großer Teil der katholischen Kinder hat die be¬
währte, nach dem Friedensschluß von der Regierungskommission des Saargebietes
übernommene und unter ihrer Leitung stehende katholische konfessionelle Volks¬
schule verlassen und ist in andere Volksschulen eingetreten. Ich bedaure das von
Herzen.. .“63
Auch in den offiziellen Verlautbarungen der Zentrumspartei wurden die
französischen Schulen in derselben Weise bekämpft:
„Die Zentrumspartei betrachtet die französischen Volksschulen im Saargebiet, inso¬
fern dieselben laut Verfügung der Regierungskommission vom 10. Juli 1920 auch
von deutschen Kindern besucht werden dürfen, vom religiösen, erzieherischen und
nationalen Standpunkt aus als ein großes Unglück und Unrecht gegen die christ¬
liche und deutsche Saarbevölkerung und ihre Kinder ..." 64
Durch diese Kämpfe um die Bistums- und Schulfrage kam es dazu, daß im
Laufe der Zeit eine ausgesprochen theologische Begründung der Liebe zum
Vaterland entwickelt wurde. Vaterlandsliebe als sittliche Forderung und
moralische Pflicht des Christen wurde stets betont. In einem Artikel eines
katholischen Geistlichen steigerte sich diese Auffassung zu folgenden Dar¬
legungen:
„. . . Das Volkstum ist nach unserer ethischen Auffassung die Mitgift des Schöpfers
an die Völker zur Lösung ihrer Weltaufgaben. . . . Der Schutz des Volkstums ist
daher ein sittlicher Faktor von hohem Wert und der Obhut der Kirche anvertraut
als Naturgesetz. . . . Das deutsche Volkstum würde innerhalb des französischen
Staatswesens oder nur seines beherrschenden Einflusses verkümmern oder gar seiner
Zerstörung anheimfallen, was dann für die Religiosität unserer Bevölkerung wegen
60 S.L.Z. Nr. 254 v. 23. 9. 1923 „Rückblick und Ausblick — Der katholische Klerus und
die Wacht an der Saar“; S.L.Z. Nr. 84 v. 9. 4. 1924 „Die »katholische' Politik Frank¬
reichs im Saargebiet“. Re vire, Perdrons-nous la Sarre?, S. 46, schreibt: „Or, si le
protestantisme prussien apparaissait dangereux aux yeux des Sarrois, l’anticléricalisme
français ne l’apparaissait pas moins...“.
61 Bistumsarchiv Trier, Abt. 59, Nr. 59: Hier ein Originalbrief des Generalvikars vom
10. 2. 1922 an Schlich; Dechant Echelmeyer möge zu einer Konferenz der Dechanten
des Saargebiets einladen, damit eine Eingabe an den Präsidenten der Regierungskom¬
mission verfaßt werde. Die Dechanten sollten um Abstellung der Mißstände in den
französischen Schulen wie Koedukation, Interkonfessionalität und Anstellung glau¬
bensloser Lehrer unter Berufung auf die dem Bischof gemachten Zusagen bitten.
62 Mitteilung von P. Zenner, der damals als Vorstandsmitglied des Katholischen
Lehrerverbandes und gleichzeitig Mitglied des Landesparteiausschusses der Zentrums¬
partei mit einem anderen Vertreter zu Bischof Bornewasser nach Trier fuhr.
63 Denkschrift der III. Lehrerkammer für das Saargebiet, Saarbrücken o.J., S. 180 f.
64 S.L.Z. Nr. 63 v. 6. 3. 1922.
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