Full text: Parteien und Politik im Saargebiet unter dem Völkerbundsregime 1920 - 1935

rung der Kohlepreise gab sich die Regierungskommission mit dem Erreichten 
zufrieden und bestand nicht auf einer umfassenden Neuregelung37. 
Eine weitere Kontroverse in Steuerfragen ergab sich im Zusammenhang mit 
der Eingliederung in das französische Zollsystem, als Frankreich die Ein¬ 
führung der französischen Verbrauchssteuern an der Saar verlangte. Diese 
Steuern wurden nicht wegen der Bedenken der Sozialisten gegen indirekte 
Steuern überhaupt38 abgelehnt, sondern bei allen Parteien spielten national¬ 
politische Gesichtspunkte eine wesentliche Rolle39. Man wehrte sich gegen 
den Einfluß Frankreichs auf die inneren Verhältnisse an der Saar, der sich 
aus der Zolleingliederung ergab. Die Verhandlungen zwischen Regierungs¬ 
kommission und Landesrat führten zu keinem Ergebnis, obwohl die Regie¬ 
rungskommission zum Ausgleich für diese Steuern, die sich nicht aus Er¬ 
fordernissen des saarländischen Etats ergeben hatten, eine Reform der Ein¬ 
kommensteuer zur Entlastung der minderbemittelten Schichten versprochen 
hatte40. Diese indirekten Steuern wurden gegen den Willen des Landesrates 
gesetzlich eingeführt41. 
1926 folgte dann eine weitere große Steuernovelle, die nun den wiederholt 
vorgetragenen Wünschen der Bevölkerung über eine sozialere Ausgestaltung 
des direkten Steuersystems Rechnung trug42. Die Steuerfreibeträge bei der 
Einkommen- und Lohnsteuer für berufliche Auslagen und Familienunterhalt 
wurden um 50 bzw. 100 Prozent erhöht. Diese Regierungsvorlage wurde 
unverändert angenommen. In der Vermögenssteuer wurde auf Wunsch des 
Landesrates die Grenze des nicht zu versteuernden Vermögens für alte und 
arbeitsunfähige Leute noch wesentlich erhöht. Als Ersatz für die auf diese 
Weise ausfallenden Steuern brachte die Regierungskommission Vorlagen zur 
Erhöhung der Umsatzsteuer und der indirekten Steuern (Verbauchssteuer) 
vor den Landesrat. Der Landesrat verweigerte grundsätzlich die Umsatz¬ 
steuer, nahm in aller Schärfe gegen die französische Luxussteuer, mit der der 
saarländische Import an der Grenze durch die Zollverwaltung belegt wurde, 
und gegen die indirekten Steuern nach französischem System Stellung43. Die 
Regierungskommission solle den französischen Staat höher besteuern und 
Einblick in den Isthaushalt gewähren und außerdem seien noch Reserven 
da44. Alle Parteien verlangten gegenüber den bestehenden französisch orien¬ 
tierten indirekten Steuern die Einführung der Reichssteuern45. Die Regie¬ 
rungskommission berücksichtigte die Wünsche der Bevölkerung in der Weise, 
37 S.D.N. J.O. IX,5 (1928), S. 760f.; Lambert, a. a. O., S. 202, weist ebenfalls darauf 
hin, daß die Regierungskommission mit Rücksicht auf den Absatz der Saarkohle keine 
zu hohe Besteuerung der Gruben habe erstreben können. 
38 Landesrat d. Saargeb., Sten. Ber. v. 5. 2. 1925, S. 19. 
39 Ebenda, Sten. Ber. v. 5. 2. 1925, S. 19 u. S. 21; v. 13. 2. 1925, S. 28; v. 2. 4. 1925, 
S. 7 ff. 
« Ebenda, Sten. Ber. v. 13. 2. 1925, S. 28. 
41 Amtsblatt d. Reg.-Kom. 1925, Nrn. 418, 460, 490 u. 505. 
42 Bericht der Reg.-Kom. über die Gesamtsteuerreform von 1926: S.D.N. J.O. VII,5 
(1926), S. 652, u. VII,9 S. 1123. 
43 Landesrat d. Saargeb., Sten. Ber. v. 11. 2. 1926, S. 26ff.; v. 13. 4. 1926, S. 33f.; 
v. 26. 7. 1926, S. 4. 
44 Ebenda: Sten. Ber. v. 26. 7. 1926, S. 4. 
45 Ebenda: Sten. Ber. v. 12. 4. 1926, S. 35. 
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