wurde der Anteil des französischen Staates zum saarländischen Staats- und
zu den Gemeindehaushalten errechnet. Die Regelung war ohne Befragung
der Bevölkerung erfolgt. Das Abkommen stellte nach Auffassung der Be¬
völkerung eine eindeutige Begünstigung des französischen Staates dar, der
dadurch einen ungewöhnlichen Profit aus den Saargruben ziehen könne29.
In der Folgezeit nahmen die Parteien und der Landesrat immer wieder in
Sitzungen und Denkschriften nach Genf gegen dieses Steuerabkommen Stel¬
lung und verlangten seine Kündigung30. Die Präsidenten Stephens und Wil-
ton trugen schließlich dem Wunsche der Bevölkerung Rechnung. Im März
1927 wandte sich die Regierungskommission wegen einer Überprüfung des
Errechnungskoeffizienten des Abkommens von 1924 an die französische
Regierung „et a ainsi tenu compte d’un vœu fréquemment exprimé par la
population31“. Da nach übereinstimmender Ansicht der Mitglieder eine
Gesamtkündigung des Steuerabkommens zu großen Schwierigkeiten führen
konnte, erstrebte man zunächst eine Überprüfung des Koeffizienten zur
Errechnung des Anteils der Steuern für die französischen Staatsgruben,
wollte aber außerdem langsam eine „révision aimable“ des Gesamtabkom¬
mens erreichen32. Koßmann wurde mit der Verhandlungsführung beauf¬
tragt33, tatsächlich erreicht wurde aber nur eine Erhöhung des Beitrags zu
den Gemeindehaushalten von 2400000 Frs auf 3 Millionen Frs34. Später
wurde der Beitrag noch auf 3,2 Millionen erhöht35. Eine weitergehende
Belastung des französischen Staates erwies sich als schwierig, da eine ent¬
sprechende Untersuchung der Regierungskommission ergeben hatte, daß die
saarländischen Hütten mit der Hälfte der Belegschaft in einem Zeitraum, in
dem die französischen Gruben 41 Millionen Francs Steuern zahlen mußten,
nur 11 Millionen erbracht hatten36. Auch mit Rücksicht auf die Absatz¬
schwierigkeiten für die Saarkohle und aus Besorgnis wegen einer Verteue¬
29 E. Metzger, Der Einfluß des Saarstatuts auf die politischen und wirtschaftlichen
Verhältnisse des Saargebietes, Würzburg 1934, S. 86—91, „Die Steuerpolitik der
Regierungskommission“. Hier spricht Metzger nur von der Frage der Steuern der
Gruben und des französischen Staates und legt die Auffassungen der Saarbevölkerung
dar. Die kritische Stellungnahme der Saarländer stütze sich auf die Tatsachen, daß die
Arbeitskraft mitberechnet war bei dem Gesamtvermögen des Saargebietes und daß
die Zolleinnahmen vom Steueraufkommen ausgegliedert blieben.
30 S.D.N. C. 413. M. 152. 1924. I. Denkschrift der Landesratsfraktionen des Zentrums,
der Sozialdemokraten und der Deutsch-Saarländischen Volkspartei v. 9. 8. 1924: „Die
mißbräuchliche Ausbeutung des Saargebietes durch Frankreich“. C. 520. M. 200.
1926. I. Denkschrift der Landesratsfraktionen des Zentrums und der Deutsch-Saar¬
ländischen Volkspartei v. 11. 8. 1926: „Die französische Mehrheit der Regierungs¬
kommission — ein Schaden für das Saargebiet“. Landesrat d. Saargeb., Sten. Ber.
v. 17. 11. 1925, S. 9, Nachmittagssitzung S. 12; v. 12. 4. 1926, S. 36, Nachmittags¬
sitzung S. 11; S.L.Z. Nr. 350 v. 28. 12. 1927; S.Z. Nr. 352 v. 28. 12. 1927; Nr. 353
v. 29. 12. 1927.
31 S.D.N. J.O. VIII,6 (1927), S. 683; Kall, a. a. O., S. 521; Metzger, a. a. O., S. 90.
32 Com. d. Gouv., Pr.-V. v. 14. 12. 1927, S. 715ff.; S.D.N. J.O. IX,5 (1928), S. 760f.
33 A.A. II Bes. Geb. Saargebiet: Französische Grubenverwaltung — Besteuerung der
franz. Grubenverwaltung, Bd. 1 : Hier Korrespondenz Koßmanns in dieser Frage mit
dem Auswärtigen Amt, das ihm ein Gutachten über die Fragen lieferte.
34 S.D.N. J.O. IX,5 (1928), S. 760 f.
35 A.A., a. a. O., e. o. II SG 1601: Seit 1. April 1930.
36 Ebenda: II SG 423, Brief Koßmanns an das A.A. v. 8. 2. 1928.
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