nicht geeignet seien, Hilfe für längere Zeit zu schaffen115. Durch die Not seit
1930 wuchs natürlich an der Saar auch die allgemeine Unzufriedenheit mit
der sozialen Lage, und man neigte dazu, die Regierungskommission dafür
verantwortlich zu machen, wenn sie die vorgetragenen Wünsche nicht erfüllt
hatte116.
Steuergesetzgebung
Das Zusammenwirken zwischen Regierung und Volksvertretung in der
Frage der Gestaltung des saarländischen Steuersystems ist in mehrfacher
Hinsicht interessant und aufschlußreich. In den Regelungen des Saarstatuts
über die Steuergesetzgebung spiegelte sich noch etwas von der Auffassung,
daß es sich bei der Steuerbewilligung um das parlamentarische Urrecht
handelt. Deshalb legte der § 26 ausdrücklich fest, daß die Abgaben und
Steuern ausschließlich für die Bedürfnisse des Gebietes zu verwenden seien,
daß das bestehende Steuersystem, soweit die Verhältnisse es gestatten, bei¬
behalten werden soll und daß keine neue Abgabe erhoben werden dürfe
ohne vorherige Befragung der gewählten Vertreter der Bevölkerung. In den
Berichten der Regierungskommission nach Genf kam durchgängig während
der gesamten Dauer des internationalen Verwaltungssystems zum Ausdruck,
daß man die Wünsche der Bevölkerung in diesem Punkt besonders ernsthaft
prüfte; ein Abweichen von den Voten der Saarländer wurde jedesmal beson¬
ders sorgfältig begründet. Des weiteren zeigte sich, daß Regierungskommis¬
sion und Volksvertretung gleichermaßen ein Interesse an einem gut funktio¬
nierenden Steuersystem hatten, das den wirtschaftlichen und sozialen Ge¬
gebenheiten des Saargebiets Rechnung trug und die Basis zu einer gesunden
Verwaltungspolitik bot1. Das am 11. November 1918 bestehende Steuer¬
system befriedigte weder Regierungskommission noch Bevölkerung, und
beide erstrebten eine Neuordnung. Die Regierungskommission legte in ihren
ersten Berichten nach Genf ihre Sorge um das Budget dar, schilderte die
Unordnung, die in der Steuerverwaltung durch Krieg und Nachkriegszeit
entstanden war, und wies auf die erheblichen steuergesetzlichen Unterschiede
zwischen preußischem und bayrischem Teil des Gebietes hin2, Im Deutschen
Reich war in der Zwischenzeit die Erzbergersche Steuerreform erfolgt, und
in den saarländischen Gewerkschaftskreisen und besonders in der Sozial¬
demokratie forderte man eine soziale Steuerreform, vor allem die Einfüh¬
rung der Besitzsteuer3. Die Regierungskommission betonte ihren Willen zu
einer umfassenden Neuordnung des Steuerwesens, wandte sich indes gleich
ns S.D.N. J.O. XIII,1 (1932), S. 194f.; Lambert, a. a. O., S. 209.
116 Landesrat d. Saargeb., Sten. Ber. v. 13. 10. 1931, S. 206ff.; v. 24. 11. 1931; Volks¬
stimme Nr. 141 v. 22. 6. 1931: „Was tut die Regierungskommission zum Schutz der
Bergarbeiter?"; S.L.Z. Nr. 331 v. 5. 12. 1932: „Wieder Erregung unter den Saar¬
bergarbeitern“.
1 Landesrat d. Saargeb., Sten. Ber. v. 20. 4. 1923, S. 9.
2 S.D.N. J.O. 1,5 (1920), S. 281; 1,6 S. 370; 1,8 S. 73.
3 S.Z. Nr. 67 v. 19. 3.1921: „Präsident Rault zu wichtigen Fragen der Saarbevölkerung“.
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