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Die vorgesehenen Einrichtungen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit werden in Einrichtun¬
gen mit und ohne Rechtspersönlichkeit unterschieden. Die Beteiligung einer Gebietskörperschaft oder
einer örtlichen Stelle an einer solchen Einrichtung bedarf grundsätzlich der Zustimmung der jeweiligen
Vertragspartei, d.h. des betreffenden Unterzeichnerstaates des Abkommens.
Die Einrichtungen ohne Rechtspersönlichkeit (Organismes sans personnalité juridique) besitzen
dementsprechend auch keine Finanzhoheit. Es handelt sich ,ansbesondere um Konferenzen, kommunale
Arbeitsgemeinschaften, Experten und Reflexionsgruppen sowie Koordinierungsausschüsse, die Fragen
von gemeinsamem Interesse untersuchen, Vorschläge für die Zusammenarbeit erarbeiten, Informationen
austauschen oder dazu beitragen, daß betroffene Stellen diejenigen Maßnahmen ergreifen, die zur Errei¬
chung der angestrebten Ziele erforderlich sind“ (Art. 9, Abs. 1). Es können jedoch keine die Mitglieder
oder Dritte bindenden Beschlüsse gefaßt werden. BOCK (1996:380) sieht in dieser Regelung keine son¬
derliche „Verbesserung für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit“, räumt ihr aber eine gewisse
Bedeutung vor allem für die Beziehung zu den französischen Partnern ein (s.o.).
Unter Einrichtungen mit Rechtspersönlichkeit ist zweierlei zu verstehen: Zum einen eröffnet das
Karlsruher Abkommen den genannten Akteuren die Möglichkeit, sich an bestehenden Einrichtungen mit
Rechtspersönlichkeit im Nachbarland zu beteiligen, sofern die dortige Gesetzgebung dies zuläßt. Bei¬
spielsweise könnte nach dieser Regelung eine lothringische Gemeinde Mitglied im Abwasserverband
Saar (AVS) werden, dem für den Bau und Betrieb von Kläranlagen und Sammlemetzen zuständigen
kommunalen saarländischen Zweckverband. Darüber hinaus sieht das Abkommen einen neuen Typus
von Zweckverband vor, den Grenzüberschreitenden örtlichen Zweckverband (GöZ) bzw. das Groupe¬
ment local de coopération transfrontalière (GLCT).
Es können also juristische Personen des öffentlichen Rechts mit eigener Finanzhoheit gegründet wer¬
den, für die das Abkommen eine konkrete Struktur und gewisse Vorgaben bezüglich ihrer Satzung vor¬
schreibt. Über diese Festlegungen hinaus unterliegt ein GöZ dem nationalen Recht des Landes, in dem er
seinen Sitz nimmt. Zur Gewährleistung seiner Finanzhoheit sind dem GöZ gegebenenfalls hoheitliche
Rechte der Nachbarstaaten zu übertragen. Wie weit diese Übertragung tatsächlich reichen kann, ist
umstritten und hängt im wesentlichen von der nationalen Rechtslage ab (BOCK 1996:381; HALMES
1996:942). Ein Einstieg in die derzeit sehr intensive juristische Fachdiskussion würde den Rahmen die¬
ser Arbeit sprengen. Einig sind sich die Experten darüber, daß die Kooperationsformen des Karlsruher
Abkommens ihre rechtliche Tauglichkeit erst in der Praxis unter Beweis stellen können. Für eine Bewer¬
tung ist es demnach zu früh. Anhand der Fallbeispiele wird dennoch ausführlicher auf die Möglichkeiten
des Karlsruher wie auch des Benelux-Abkommens einzugehen sein.
4.8.3 Sonstige Abkommen
Sonstige zwischenstaatliche Abkommen, die den Untersuchungsraum betreffen, beziehen sich auf
Einzelprojekte bzw. sektorale Aspekte, wie z.B. der Staatsvertrag zwischen Rheinland-Pfalz und Lu¬
xemburg aus dem Jahre 197458, der wasserwirtschaftliche Aufgaben im Bereich der Grenzgewässer Our
und Sauer regelt. Es fehlt jedoch eine dem Karlsuher oder dem Benelux-Abkommen adäquate zwi¬
schenstaatliche Regelung zwischen Belgien und Frankreich, was die Kooperation im Grenzdreieck Bel-
gien-Frankreich-Luxemburg beeinträchtigen könnte.
Der Vollständigkeit halber sei ein weiteres Abkommen erwähnt, das den Untersuchungsraum an sei¬
nem nördlichen Ende tangiert und für dortige trinationale Projekte luxemburgischer und deutscher Ge¬
meinden mit der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens relevant werden könnte: Das sogenannte
58 Staatsvertrag vom 17. Oktober 1974 zwischen Rheinland-Pfalz und Luxemburg über die gemeinsame
Erfüllung wasserwirtschaftlicher Aufgaben durch Gemeinden und andere Körperschaften (s. auch Beyerlin
&Lejeune1991).