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Kooperationsverträge im Sinne des Abkommens unterzeichnen dürfen, sondern alle entsprechenden
Stellen innerhalb des Wirtschaftsraums Benelux. Es wurde ein neuer Rahmen geschaffen für die Viel¬
zahl von lokalen grenzüberschreitenden Aktivitäten, die bisher entweder informeller Natur blieben oder -
in Ermangelung einer öffentlich-rechtlichen Basis - privatrechtliche Organisationsformen (z.B. Vereine)
suchten. Diese Kooperationsformen können als Notbehelfe angesehen werden und sind in ihrer Reich¬
weite sehr beschränkt. Zudem, gibt VANHELLEPUTTE (1992:194) zu bedenken, entbehren sie mitunter
einer demokratischen Legitimation und entziehen sich der öffentlichen Kontrolle.
Das Abkommen sieht drei Formen der Kooperation von Gebietskörperschaften und örtlichen öffent¬
lichen Stellen vor:
• den Abschluß eines VerwaltungsVertrages (accord administratif)',
• die Schaffung eines gemeinsamen Organs (organe commun)',
• die Schaffung einer öffentlichen Einrichtung (organisme public).
Der Verwaltungsvertrag stellt die lockerste Form der Kooperation dar und hat keine besonderen ju¬
ristischen Konsequenzen. Er ist als Selbstverpflichtung der Unterzeichner zu verstehen, in ihrem Kom¬
petenzbereich und alltäglichen Verwaltungshandeln grenzüberschreitenden Abstimmungsbedarf zu be¬
rücksichtigen. Als geläufigstes Beispiel sei hier die frühzeitige gegenseitige Anhörung im Rahmen der
kommunalen Bauleitplanung von Grenzgemeinden anzuführen, deren Ablauf in Form eines Verwal¬
tungsvertrages geregelt werden kann.
Das Gemeinsame Organ besitzt keine Rechtspersönlichkeit und ist damit ebenfalls eine „leichte“
Form der grenzüberschreitenden Kooperation. Seine Einrichtung soll eine ständige Dikussionsplattform
bieten, die der Abstimmung in unterschiedlichsten Themenbereichen und der Vorbereitung von in den
jeweiligen kommunalen Gremien zu fassenden Beschlüssen dient. Im Gegensatz zu ähnlichen, aber in¬
formellen Gremien (z.B. Runde Tische) bietet diese Einrichtung die Möglichkeit einer kontinuierlichen
und stärker institutionalisierten Zusammenarbeit; diese soll ein Vertrauensverhältnis schaffen, das Basis
für weitergehende Kooperationsformen, wie z.B. die Gründung einer Öffentlichen Einrichtung sein
kann: „la création d'un organe commun offre l'avantage d'une structure de concertation permanente
susceptible de créer un climat de confiance qui permettra de passer petit à petit à une forme de collabo¬
ration plus étroite, l'organisme public“ (VANHELLEPUTTE 1992:194).
Bei der grenzüberschreitenden Öffentlichen Einrichtung handelt es sich um eine Kooperationsform,
die volle Rechtspersönlichkeit besitzt und der öffentliche Verwaltungs- und Regelungsaufgaben übertra¬
gen werden können - letzteres jedoch nur im Bereich der Kompetenzen der beteiligten Stellen nach je¬
weiligem nationalen Recht (BENELUX 1993). Die Aktivitäten der Einrichtung haben somit nicht nur
Konsequenzen für die beteiligten Verwaltungen, sondern auch unmittelbar für die Bürgerinnen und Bür¬
ger innerhalb ihres räumlichen Zuständigkeitsbereichs. Beispielsweise ist die Gründung eines belgisch¬
luxemburgischen kommunalen Abwasserverbandes möglich, der - bei einem angenommenen Sitz in
Luxemburg - befugt wäre, Gebührenrechnungen auch an belgische Haushalte zu stellen und rechtlich
einzutreiben.
Wie bereits im Zusammenhang mit der Öffentlichen Einrichtung angedeutet, gilt für alle drei Koope¬
rationsformen die Prämisse, daß sich ihre Aktivitäten nicht den jeweiligen nationalen Regelungen und
staatlichen Aufsichtsfunktionen entziehen können. Das Abkommen schafft somit kein neues inhaltliches
Recht, sondern lediglich grenzüberschreitende Strukturen, die jedoch weiterhin unterschiedlichen natio¬
nalen Gesetzgebungen unterliegen. Dennoch bezeichnet RICQ (1996:22) die Convention Benelux als bis
dato „the most fully developed of the inter-state instruments that seek to regulate transffontier co¬
opération. It empowers the transfrontier communities in each country to undertake specific actions of
transffontier co-operation“.