Full text: Das Mainzer Zunftwesen und die französische Herrschaft

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Mitmeistern, die dem Klub angehört, oder die sich durch 
besondere Frankenfreundlichkeit hervorgetan hatten, abzurech¬ 
nen. Aus den Zünften sollten diese Verräter ausgestossen 
werden, das war die allgemein verbreitete Ansicht. Um dieser 
wirtschaftlichen Schädigung zu entgehen, suchten sehr viele, 
deren Beziehungen zu den Feinden nicht mit Bestimmtheit 
nachgewiesen werden konnten, sich durch öffentliche Anzeigen 
zu rechtfertigen. In der „Privilegierten Mainzer Zeitung“ 
finden sich eine Anzahl solcher Rechtfertigungsversuche. Es 
wurden sogar Belohnungen demjenigen, der die Mitgliedschaft 
zum Klub nachweisen konnte, versprochen. Die Regierung 
billigte jedoch nicht den Zunftstandpunkt. Wurden die 
Klubisten-Meister ausgeschlossen, so bedeutete dies der Ruin 
ihrer wirtschaftlichen Existenz, und sie fielen dann dem Staate 
zur Last. Die Zahl der Armen, die sich als Folge der Belage¬ 
rung und der Beschiessung beträchtlich vermehrt hatte, wäre 
dadurch nur noch mehr gestiegen. Und so befahl die Regie¬ 
rung, die Klubisten in die Zünfte wieder aufzunehmen und sie 
an den Geboten teilnehmen zu lassen. Wer sie an der Teil¬ 
nahme hinderte, wurde bestraft.264) 
Die Not des Kurstaates erforderte dringend Hilfe, und 
so wandte sich die Regierung an die Zünfte. Zunächst be¬ 
nötigte sie Arbeiter zum Ausbau der Festungswerke. Die 
Zünfte versagten ihre Unterstützung nicht. So beschloss am 
3. August 1794265) die Fassbenderzunft, dass von dem jüngsten 
bis zu dem ältesten Meister täglich sechs Mann an den Schan¬ 
zen zu arbeiten hätten. Auch finanziell war die Lage des kur¬ 
fürstlichen Staates äusserst geschwächt. Um sich die notwen¬ 
digen Mittel zu beschaffen, liess das Vizedomamt durch Ver¬ 
fügung vom 23. November 1796 von den Stadträten den Kassen¬ 
bestand der ihnen unterstellten Zünfte zu „dem forcirten 
(Staats-) Anlehen“ aufnehmen.266) 
Unter diesen Verhältnissen gestaltete sich die Lage des 
Mainzer Handwerks ziemlich traurig. Nur die Maurer, Sattler, 
Schlosser, Schmiede, Schuhmacher, Wagner, Bäcker, Bier¬ 
brauer, Metzger und Wirte hatten hinreichenden Verdienst.207) 
Die Sehnsucht nach Frieden war daher allgemein. Als die 
Nachricht von dem abgeschlossenen Waffenstillstand und dem 
Frieden von Campo Formio nach Mainz gelangte, atmeten die 
Bürger auf. Sie sahen bereits das Morgenrot einer neuen Zeit 
anbrechen, von der sie Frieden und Wohlstand erhofften. 
2eb M. St. 21/682. 
265) M. St. 21/172. 
28a) M. St. 21/101. 
267) Dael-Weiler: Geschichte des Handels Bd. 2, S. 186 f.
	        
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