Einleitung
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verdanken wir Edm. Husserl, der in seinen »Logischen Untersuchungen«
im ersten Band nachgewiesen hat, daß die Logik sich sowohl durch ihren
eigentümlichen Gegenstand als auch durch ihre Methode und durch ihre
Resultate ganz wesentlich von der Psychologie unterscheidet. Auf dieses
Werk sei daher hier verwiesen.
Diese irrtümliche Gleichsetzung der Logik mit der Psychologie des Den¬
kens beruht auf einer Blindheit gegen Ideelles überhaupt, auf der ausschlie߬
lichen Offenheit für Realitäten, die hier dazu führt, die Gedanken zu ver¬
wechseln oder zu vertauschen mit dem Denken. Hat man aber einmal den
wesentlichen Unterschied zwischen dem Denken und den Gedanken erkannt;
hat man eingesehen, daß die Gedanken, obgleich sie ein Produkt des schöpfe¬
rischen Denkens sind und immer nur im realen Denken Vorkommen, dennoch
in ihrem Wesen von dem Denken, als einem realen seelischen Vorgang, ver¬
schieden sind, so kann man nun den Psychologismus noch in jener zweiten
Behauptung vertreten, die er gewöhnlich vermischt mit der ersten umfaßt.
Man gibt vielleicht ausdrücklich zu, daß die Gedanken wohl unterschieden
seien von dem Denken, in dem sie gedacht werden; daß die Logik also freilich
durch ihren Gegenstand von der Psychologie des Denkens verschieden sei;
aber man fügt dann hinzu, die logischen Erkenntnisse über Gedanken ent¬
behrten so lange der zureichenden Begründung, als sie nicht durch ent¬
sprechende psychologische Einsichten über das Denken gestützt würden, so
daß die Logik auf der ganzen Linie sich notwendig auf die Psychologie des
Denkens stützen müsse. Es ist eine für manche Menschen sehr verführerische
Überlegung, auf die sich diese psychologistischen Behauptungen aufbauen
können. Auf diese Überlegung sei daher hier in kurz zusammenfassender
Form eingegangen.
Die Gedanken, so lautet diese Überlegung, sind ganz unselbständige Ge¬
bilde, die nur von Gnaden des sie produzierenden Denkens existieren und an
sich etwas Wesenloses, etwas Stoffloses ohne ein eigenes Sein sind. Wie ihr
Sein, so stammen auch ihre Beschaffenheiten, ihre Verschiedenheiten von¬
einander und ihre Zusammenhänge ganz aus dem Denken des Menschen.
Alles, was man von ihnen mit Recht behaupten kann, ist nur deshalb so, wie
es ist, weil das menschliche Denken so ist, wie es ist. Die Gedanken haben
also weder ein eigenes Sein noch eine eigene Gesetzmäßigkeit, sondern sie
nehmen in beidem nur teil an dem Sein und der Gesetzmäßigkeit des mensch¬
lichen Denkens. Dies zeigt sich auch im einzelnen, wenn man bestimmte
logische Erkenntnisse genauer auf ihre zureichende Begründung untersucht.
Daß z. B. zwei einander widersprechende Urteile nicht beide wahr sein