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Einleitung
weiteren Sinne, die dann alle Gedankenarten überhaupt umfaßt, unterschei¬
den müssen.
Die Logik ist als Wissenschaft, wie alle anderen Wissenschaften, selbst ein
System von Gedanken. Zugleich hat sie im Unterschied von den anderen
Wissenschaften die Gedanken zum Gegenstand ihrer Erkenntnis. Nun kann
man Gedanken nicht haben außer im Denken. Um den Gegenstand der Logik
vor Augen zu haben, muß man also schon ein bestimmtes Denken ausführen
und zugleich den Blick auf die gedachten Gedanken zurückbeugen und auf
sie fixiert halten. Dazu muß aber dann ein zweites Denken treten, das sich
auf die im ersten Denken gedachten und festgehaltenen Gedanken bezieht
und sie als maßgebendes Fixum für die Bildung einer zweiten Gedanken-
Schicht nimmt. Dieses für die logische Erkenntnis notwendige doppelte und
stufenweise aufgebaute Denken macht die besondere Schwierigkeit logischer
Untersuchungen aus, eine Schwierigkeit, die nur durch ausdauernde Übung
überwunden werden kann. Man ist, wie gesagt, immer in Gefahr, von den
Gedanken zu den Gegenständen oder zu den sprachlichen Formen abgezogen
zu werden, und statt über Gedanken nun über Gegenstände oder sprachliche
Formen etwas auszusagen.
3. Der Psychologismus
Indem wir die Logik als die systematische Wissenschaft von den Gedanken
bestimmt haben, sind wir nun der Gebietsstreitigkeit mit der Psychologie
enthoben. Es sei nur noch mit ein paar Worten auf den sogenannten Psycho¬
logismus eingegangen. Der Psychologismus im allgemeinen bezieht sich frei¬
lich nicht nur auf die Logik und die logischen Gegenstände, sondern er um¬
faßt außer ihnen auch die Ästhetik und die Ethik und die ästhetischen und
die ethischen Gegenstände. Hier sei aber nur der Psychologismus in der Logik
berücksichtigt. Es läßt sich übrigens leicht alles zu Sagende auf die Ästhetik
und die Ethik übertragen.
Der Psychologismus enthält gewöhnlich in ungeschiedener Vermischung
zwei wesentlich verschiedene, wenn auch zusammenhängende Behauptungen.
Die erste dieser Behauptungen besagt, der Gegenstand der Logik sei etwas
Seelisches. Das Denken sowohl als auch die Gedanken seien nichts anderes als
bestimmte Vorkommnisse in dem seelischen Leben des Menschen. Eine wis¬
senschaftliche Untersuchung dieses Gegenstandes sei daher nichts anderes als
ein Teil der Psychologie, und die Logik könne daher gar nichts anderes sein
als Psychologie des Denkens, oder wenn man wolle, eine Psychologie der Ge¬
danken. Die endgültige Widerlegung des Psychologismus in diesem Sinne