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Die Lehre von den unmittelbaren Schlüssen
sichern. Es ist zu vermuten, daß es mehrere Arten solcher Zusammenhänge
gibt. Da es Zusammenhänge zwischen den Urteilen als solchen sein sollen,
so scheiden von vornherein diejenigen aus, die durch die spezielle Beschaffen¬
heit der Subjektsgegenstände und der Sachverhalte vermittelt sind. Die bei¬
den Urteile sollen aber doch verschieden sein. Als Verschiedenheiten kommen
hier zunächst die früher angeführten Unterschiede der Quantität, der Quali¬
tät, der Modalität und der Relation der Urteile in Betracht. Und die Frage
ist, welche zwei Urteile, die nur in diesen Hinsichten verschieden sind, kön¬
nen allgemein zu folgerichtigen unmittelbaren Schlüssen vereint werden?
ERSTES KAPITEL
UNMITTELBARE SCHLÜSSE MIT URTEILEN
VERSCHIEDENER QUANTITÄT
Der unmittelbare Schluß soll hier aus zwei Urteilen bestehen, die sich nur
durch ihre Quantität voneinander unterscheiden.
Nach vier Gesichtspunkten kann man, wie wir gesehen haben, die Quanti¬
tät der Urteile bestimmen. Dementsprechend ergaben sich vier Einteilungen
der Urteile nach der Quantität, nämlich
1. in Singular- und Pluralurteile,
2. in Einzel-, Partikular- und Universalurteile,
3. in Individual- und Arturteile,
4. in Solitär- und Kollektivurteile.
Betrachten wir diese vier Gruppen nacheinander hinsichtlich der Möglich¬
keit, innerhalb jeder von ihnen zwei Urteile zu einem folgerichtigen un¬
mittelbaren Schluß zu verbinden.
1. Schlüsse zwischen Singular- und Pluralurteilen
Das Pluralurteil soll sich von dem Singularurteil nur dadurch unter¬
scheiden, daß es außer auf denselben Subjektsgegenstand noch auf eine an¬
gegebene Reihe anderer Subjektsgegenstände dieselbe Prädizierung richtet.
Dann ist offenbar von dem Singularurteil als Prämisse auf das Pluralurteil
als Konklusio kein folgerichtiger unmittelbarer Schluß möglich. Der un¬
mittelbare Schluß »S ist P, also S, Q, R sind P« ist ungültig, selbst wenn
beide Urteile wahr sind. Denn mögen beide Urteile positiv oder negativ sein,