Einleitung
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Gegenständen seines Denkens zwar die Gedanken bildet, aber nun diesen
von ihm gebildeten Gedanken keinerlei Aufmerksamkeit widmet. Auch wenn
er dabei die Gedanken sprachlich formuliert, so entläßt er sie unbeachtet in
sprachlicher Einkleidung gleichsam von sich. Höchstens läuft seine Beachtung
hinter ihnen her, ohne sie zurückzufangen und sie zurückzuempfangen. Das
unbesonnene und unkritische Darauflosdenken und -sprechen, diese naive
Art des bloßen Sichausdrückens, ist dem Menschen zunächst das Natürliche.
Die Folge ist, daß er auch unmittelbar nachher nicht mehr recht weiß, was
er gedacht und gesagt hat. Es wäre jedoch verkehrt, in solchen Fällen zu be¬
haupten, daß dieses Denken und Sprechen »unbewußt« geschehe. Seines
Denkens und Sprechens ist der Mensch dabei wohl inne, ja er ist sich dabei
in höherem Grade auch der von ihm gedachten Gedanken und produzierten
Sprachlaute bewußt. Aber indem sie ihm zugleich entschwinden, hält er sie
nicht als fertige Produkte fest und bringt sie nicht vor seinem inneren Blick
zu verweilendem Stehen.
Dies letztere ist es nun gerade, was bei der zweiten Art, Gedanken zu
denken und auszusprechen, bei der kritisch-forschenden Weise des Denkens
zunächst hinzutritt. Indem die Gedanken in sprachlicher Einkleidung produ¬
ziert werden, ist zwar auch hier die Hauptbeachtung den Gegenständen der
Gedanken zugewandt, aber zugleich wendet sich ein Nebenarm der Be¬
achtung zurück zu den produzierten und sprachlich eingekleideten Gedanken,
empfängt sie durch die sprachliche Einkleidung zurück und prüft sie hinsicht¬
lich ihrer angemessenen sprachlichen Formulierung und ihrer gegenständ¬
lichen Wahrheit. Schließlich richtet sich schon während des Produzierens und
sprachlichen Formulierens der Gedanken, gleichsam schon in ihrem Status
nascendi der kritisch forschende Nebenblick auf die erzeugten Gebilde. Damit
ist die Stufe des besonnenen und kritischen Denkens der Gedanken erreicht.
Aber auch auf dieser Stufe sind weder die Gedanken selbst noch ihr sprach¬
licher Ausdruck der Hauptgegenstand der Betrachtung. Im Zentralpunkt
stehen auch hier noch die Gegenstände, auf die sich das Denken und die Ge¬
danken beziehen. Trotzdem kann sich dabei der zurückgewendete Blick ent¬
weder mehr der sprachlichen Formulierung—wenn etwa sprachliche Exaktheit
oder Schönheit erzielt werden soll —, oder mehr den Gedanken selbst zuwen¬
den, wenn es etwa auf die Feinheit und den Stil dieser Gedanken ankommt.
Erst wenn nun während des Denkens der Gedanken der Schwerpunkt der
Beachtung von den Gegenständen des Denkens zurückgezogen wird, wobei
freilich diese Gegenstände, um die Gedanken nicht zergehen zu lassen, nicht
gänzlich aus dem Blick verloren werden dürfen, und erst wenn im Zurück¬