Full text: Logik

Einleitung 
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sprachlichen Ausdrücken bestehen kann, ist nicht ein bloßes gleichzeitiges 
Vorhandensein der Gedanken und der sprachlichen Formen in einem und 
demselben Bewußtsein, sondern eine Beziehung ganz eigener Art. Es können 
im gegebenen Falle bestimmte Sprachlaute in einem Bewußtsein vorhanden 
sein, während gleichzeitig bestimmte Gedanken gedacht werden, ohne daß 
jene Sprachlaute der Ausdruck dieser Gedanken wären. So z. B. wenn man 
die Sprachlaute einer unbekannten Sprache hört und zugleich mit Hilfe der 
eigenen Muttersprache solche Gedanken denkt, die in keiner Weise durch 
die gehörten Laute der Fremdsprache zum Ausdruck gebracht sind. Dann 
sind gleichzeitig gedankengefüllte Sprachlaute mit gedankenleeren zusam¬ 
men, und die Verschiedenheit der Ausdrucksbeziehung von der bloßen 
Gleichzeitigkeit des Zusammenseins wird deutlich ersichtlich. Diese Be¬ 
ziehung ist eine nicht umkehrbare, denn die Gedanken sind in den sprach¬ 
lichen Formen ausgedrückt, nicht aber sind umgekehrt die sprachlichen 
Formen in den Gedanken ausgedrückt. Die Gedanken sind den Sprach- 
formen als ihr Sinn innerlich eingelegt. Sie sind dann freilich in den Sprach- 
formen nur für diejenigen Wesen erfaßbar, welche die betreffende Sprache 
erlernt haben und im gegebenen Falle sich den Sprachlauten mit geöffneter 
Denksphäre so zuwenden, daß die entsprechenden Gedanken an den Sprach¬ 
lauten emporsprießen können. 
Das Denken und die Gedanken sind nun notwendig immer auf irgend¬ 
welche Gegenstände bezogen. Gegenstandsloses Denken, und ebenso Ge¬ 
danken, die keinerlei Beziehung zu Gegenständen hätten, gibt es nicht nur 
tatsächlich nicht, sondern sie sind ganz unmöglich, weil es in ihrem eigensten 
Wesen liegt, solche Beziehungen zu haben. Aber das Denken und die Ge¬ 
danken sind in keiner Weise auf bestimmte Gegenstände eingeschränkt. 
Vielmehr ist ihr möglicher Gegenstandsbereich an sich völlig unbeschränkt. 
Sie können sich zunächst auf irgendwelche Kategorie von Gegenständen be¬ 
ziehen. Nicht nur irgendwelche Dinge, sondern auch irgendwelche Xustände, 
Beschaffenheiten von Dingen, irgendwelche Vorgänge, Tätigkeiten, Wirkun¬ 
gen, Beziehungen und Verhältnisse können Gegenstände des Denkens und 
der Gedanken sein. 
Außerdem können die Gegenstände des Denkens und der Gedanken 
irgendwelchen Gebieten von Gegenständen angehören. Alle Wirklichkeits- 
gebiete sind zunächst dem Denken prinzipiell offen. Die materielle Welt der 
unbelebten Gegenstände, die Welt der leiblichen Lebewesen, die seelische 
Welt, die soziale Welt, die kulturelle Welt und die Welt der religiösen Ge¬ 
genstände, — sie bieten sich alle dem Denken als seine möglichen Gegen¬
	        
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