Einleitung
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tümlicher Beziehungen zu einem Ganzen verwoben, das wir in seinem Auf¬
bau ein wenig verfolgen wollen.
Betrachten wir zuerst das Verhältnis, in dem das denkende Subjekt und
das Denken zueinander stehen. Das denkende Subjekt kann an sich existie¬
ren auch dann, wenn es gerade nicht denkt. Es muß nicht notwendig den¬
ken, um zu existieren. Meistens freilich denkt es auch, selbst wenn andere
seelische Vorgänge, wie z. B. ein Lieben oder ein Hassen, ein Begehren oder
ein Wollen, es gerade ausfüllen. Wenn das Subjekt nicht ohne seelisches
Leben existieren kann, so braucht es doch nicht notwendig zu denken und
hat also insofern dem Denken gegenüber eine gewisse Freiheit.
Das Denken selbst dagegen kann gar nicht sein, ohne daß es das Denken
eines bestimmten seelischen Subjekts ist. Es kann nicht von demjenigen
denkenden Subjekt, dessen Denken es ist, abgetrennt werden, ohne damit
selbst zu zergehen. Das Denken des einen Subjekts kann nicht von ihm los¬
gelöst und nicht von ihm auf ein anderes Subjekt übertragen werden. Jedes
einzelne Denken muß, wenn es real sein soll, notwendig einem und nur
einem Subjekt angehören. Das Subjekt ist die einzige Quelle und der not¬
wendige Ausgangspunkt des Denkens.
Nach der anderen Seite hat nun das Denken notwendig einen Gedanken-
gehalt. Ein Denken, das keinerlei Gedankengehalt hätte, ein »leeres« Den¬
ken in diesem Sinne ist unmöglich. Das Denken produziert den Gedanken¬
gehalt, es spinnt ihn aus, baut ihn auf oder bildet ihn nach. Die durch das
Denken gebildeten Gedankengebilde sind in dem Denken »aufgehoben«, sie
haben ein reales Dasein nur in und mit dem Denken selbst. Aber sie können
doch andererseits von dem Denken, das sie produziert hat, in gewissem Sinne
abgelöst und einem zweiten Denken übermittelt werden. Genau derselbe
Gedanke, den das eine denkende Subjekt gedacht hat, kann durch Mitteilung
einem zweiten und einem dritten denkenden Subjekt überliefert und auch
von ihnen gedacht werden. Außerdem können die Gedanken von dem sie
denkenden Subjekt schriftlich niedergelegt werden und so scheinbar ein
Dasein außerhalb jedes denkenden Subjektes gewinnen. Indessen, auch die so
übermittelten und schriftlich niedergelegten Gedanken sind nur dann wirklich
vorhanden, wenn sie von einem denkenden Subjekt gedacht werden. Trotz
dieser innigen Vereinigung, in der die Gedanken mit dem Denken stehen,
sind sie doch von dem Denken verschieden. Während das Denken nämlich
ein reales seelisches Geschehen ist, sind die Gedanken keine realen seelischen
Geschehnisse, sondern ideelle zeitlose Gebilde. Sie sind geistige Lebens¬
produkte, die einer rein ideellen Sphäre angehören.