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Die Lehre vom Begriff
sammengesetzten verwandelt, so wird damit sein Inhalt nicht vermindert,
sondern nur zusammengefaltet, solange wenigstens nicht bei dieser Zusam¬
menfaltung bestimmte der Teilbegriffe aus dem Begriff entgleiten.
'Lusammengesetzte Begriffe lassen sich in ihrem Inhalt vermindern. So
kann man aus dem Begriff »rechtwinkliges Dreieck« das Inhaltselement
»rechtwinklig« weglassen; es bleibt dann der Begriff »Dreieck« übrig.
Ebenso kann man aus dem Begriff »rote Rose« das Inhaltselement »rot«
weglassen und erhält dann den Begriff »Rose«. Aber auch diese Inhalts¬
verminderung eines zusammengesetzten Begriffs ist nicht in beliebiger
Weise möglich, sondern sie steht unter der einschränkenden Bedingung, daß
bei der Verminderung diejenige Gegenstandsart oder -gattung erhalten
bleibt, die der zusammengesetzte Begriff meint. Denn vermindert man den
Inhalt eines Gegenstandsbegriffes, so läßt man damit gewisse Bestimmt¬
heiten an dem intentionalen Gegenstand weg, man nimmt also eine Ab¬
straktion am Formalobjekt vor. Die Art oder Gattung des Formalobjekts
bildet aber seine stützende Grundlage; sie muß also erhalten bleiben, weil
sonst der Rest kein Fundament mehr hätte und sich in seiner Unselbständig¬
keit eine andere Gegenstandsart suchen müßte. So kann man z. B. aus dem
Begriff »rechtwinkliges Dreieck« nicht etwa den Begriff »Dreieck« über¬
haupt weglassen, da dann der Begriffsrest nicht mehr die ursprüngliche
Gegenstandsart, eine geometrische Figur, sondern nun eine Formbestimmt¬
heit in unselbständiger Fassung (»rechtwinkliges«) meint. Ebenso darf man
aus dem Begriff »rote Rose« nicht etwa den Begriff »Rose« weglassen, da
man damit die gemeinte Gegenstandsart überhaupt verläßt und nur eine
unselbständig gefaßte Farbbestimmtheit übrigbehält.
Ein besonderer Fall der Inhaltsverminderung eines Begriffs liegt dann
vor, wenn man von einem Individualbegriff zu seinem niedersten Artbegriff
und von da weiter zu den entsprechenden immer höheren Artbegriffen über¬
geht. Ebenso liegt eine besondere Inhaltsvermehrung vor, wenn man den
umgekehrten Weg geht, also die höheren Artbegriffe zunächst in die ent¬
sprechenden niederen und niedersten Artbegriffe und diese schließlich in die
Individualbegriffe verwandelt. Dies wird sich zeigen, wenn wir nun zu der
Betrachtung der Individual-, Art- und Gattungsbegriffe übergehen.