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Die Lehre vom Urteil
Umkreis nur unbestimmt durch den Subjektsbegriff herausgegriffen sein.
Es werden also in den Partikularurteilen der überlieferten Logik durch den
Subjektsbegriff nicht einer oder einige bestimmte Gegenstände aus dem
abgesteckten Umkreis zum Subjektsgegenstand gemacht, sondern es wird
nur die Menge (einer oder einige) der Subjektsgegenstände angegeben. Wird
dann die Variation nach dieser Quantität mit der Variation nach der Quali¬
tät der Urteile vereinigt, so gewinnt man die vier überlieferten Urteilsarten:
1. Das allgemein bejahende Urteil von der Form:
»Alle S sind P« (a)
2. Das allgemein verneinende Urteil von der Form:
»Alle S sind nicht P« (e)
3. Das partikular bejahende Urteil von der Form:
»Einige S sind P« (i)
4. Das partikular verneinende Urteil von der Form:
»Einige S sind nicht P« (o)
Man bezeichnet dann diese Urteile sukzessive kurz mit den Buchstaben
a, e, i und o, die aus den beiden lateinischen Wörtern »affirmo« (ich bejahe)
und »nego« (ich verneine) entnommen werden, a und i sind die beiden ersten
Vokale aus dem Wort »affirmo« und bezeichnen das allgemein und das parti¬
kular bejahende Urteil, e und o sind die beiden Vokale aus dem Wort »nego«
und bezeichnen das allgemein und das partikular verneinende Urteil. Diese
kurze Bezeichnungsweise der Urteile gewinnt später in der Darstellung der
Schlußlehre ihre Bedeutung.
Da die Quantität der Urteile nur den Subjektsbegriff betrifft, so können
die nach der Quantität verschiedenen Urteile nicht nur zugleich nach der
Qualität, sondern auch noch nach der Modalität und nach der Relation un¬
abhängig variieren. Sie können also alle sowohl problematische als auch
assertorische und apodiktische sein, und ebenso sowohl hypothetische als auch
kategorische und disjunktive sein.
Lassen wir die möglichen Kombinationen der nach der Quantität in dem
vierfachen Sinn unterschiedenen Urteile unter einander außer Betracht, so
ergeben sich also im ganzen 162 verschiedene Urteilsformen. Nimmt man
aber mit der traditionellen Logik bei der Einteilung der Urteile nach der
Quantität nur jene zwei, statt der oben angegebenen neun Arten an, also
nur das Partikular- und das Universalurteil, so ergeben sich durch Vereini¬
gung mit den Gesichtspunkten der Qualität, Modalität und Relation nur
36 verschiedene Urteilsformen.