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Die Lehre vom Urteil
von da auf alle diejenigen Gegenstände, welche Körper sind. Sprachlich wird
dies zuweilen besonders ausgedrückt in der Form: »Alle Körper sind als
Körper ausgedehnt«. Die Universalurteile können einen solchen, eine Be¬
gründung und Deduktion in sich schließenden Sinn auch dann haben, wenn
der Subjektsbegriff den Umkreis von Gegenständen nicht durch ihr gemein¬
sames »Was«, sondern durch das gemeinsame »Wie« oder durch die gemein¬
same Seinsart oder durch eine gemeinsame Relation umgrenzt. So begründet
das Urteil »Alle weißen Körper reflektieren (als weiße Körper) das Licht
vollständig« seine Prädizierung in dem Moment »weiße Körper« und dedu¬
ziert von da auf alle Gegenstände, die dieses Moment zeigen. Das Urteil
»Alle ideellen Gegenstände sind (als ideelle) zeitlos« stützt sich auf die be¬
stimmte Seinsart der Gegenstände und begründet damit seine deduzierende
Prädizierung. Das Urteil »Alle von mir gehörten Laute sind (als von mir
gehörte) meine Bewußtseinsinhalte« ist ein Universalurteil, das seine Prädi¬
zierung begründet in der intentionalen Relationsbestimmtheit, die der Sub¬
jektsbegriff zur Umgrenzung der Subjektsgegenstände benutzt.
Die Universalurteile brauchen jedoch nicht notwendig diesen Sinn zu
haben. So begründet z. B. das Universalurteil »Alle Bänke in diesem Raume
sind braun« durchaus nicht seine Prädizierung darin, daß die Bänke sich
in diesem Raum befinden. Die gemeinsame Charakterisierung der Subjekts-
gegenstände als »Bänke in diesem Raume« dient hier nur zur Kenntlich¬
machung der gemeinten Gegenstände, nicht aber zur Begründung der Prädi¬
zierung des »braun«. Dieses Universalurteil induziert vielmehr sein Recht
von den einzelnen Bänken her, da eben jede einzelne braun ist. Ein derartiges
Universalurteil ist daher äquivalent der bestimmten Anzahl von Einzel -
urteilen, die jedem einzelnen Subjektsgegenstande des bestimmten Umkreises
für sich dasselbe Prädikat zuschreiben. Es kann also in diesem Sinne als eine
Zusammenfassung einer bestimmten Anzahl von Einzelurteilen bezeichnet
werden.
Dagegen sind die begründenden und deduzierenden Universalurteile nicht
einer bestimmten Anzahl von Einzelurteilen äquivalent, da sie sich nicht auf
eine bestimmte, sondern auf eine unbeschränkte Anzahl von Subjektsgegen¬
ständen beziehen. Sie sind daher auch nicht bloße Zusammenfassungen
einer bestimmten Anzahl von Einzelurteilen. Ihr Wahrheitsanspruch gründet
sich nicht auf die von ihnen betroffenen Einzelfälle, sondern auf das den
einzelnen Fällen Gemeinsame, das der Subjektsbegriff hervorhebt. Dieser
Unterschied des Sinnes verschiedener Universalurteile wird wichtig, wenn
die erkenntnistheoretische Frage der Verallgemeinerung nicht auf die Be¬