Full text: Logik

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Die Lehre vom Urteil 
Differenzierungen des Urteils zu untersuchen, die mit der Variation des 
Subjektsbegriffs gegeben sind. Der Subjektsbegriff setzt den Subjektsgegen¬ 
stand und unterwirft ihn dem Urteil. Jeder beliebige Gegenstand überhaupt 
kann vom Subjektsbegriff eines Urteils aus der unendlichen Fülle der Gegen¬ 
stände herausgegriffen werden. Gemäß der Einteilung der möglichen Sub- 
jektsgegenstände könnte man nun auch die Urteile einteilen. Danach wären 
zu unterscheiden Real-Urteile, die sich auf reale Gegenstände, und Ideal- 
Urteile, die sich auf irreale oder ideelle Gegenstände beziehen. Innerhalb der 
ersten Gruppe wären dann die Real-Urteile wieder in solche zu unterschei¬ 
den, die sich auf die verschiedenen Gegenstände der verschiedenen Wirklich - 
keitsgebiete richten. Da die verschiedenen historischen und systematischen 
Wissenschaften sich auf die verschiedenen Wirklichkeitsgebiete verteilen, so 
könnte man die Urteile auch nach den verschiedenen Wissenschaften, in die 
sie gehören, einteilen. Man könnte also astronomische, geologische, physi¬ 
kalische, chemische, biologische, botanische, zoologische, anthropologische, 
psychologische, soziologische und sozialhistorische, kulturwissenschaftliche 
und kulturhistorische, religiöse oder theologische Urteile unterscheiden. 
Analog ergäbe sich eine Einteilung der Ideal-Urteile in mathematische, 
logische und erkenntnistheoretische Urteile. So interessant und an sich wich¬ 
tig und brauchbar aber auch eine solche Einteilung der Urteile wäre, so hat 
sie doch für die Logik keine maßgebende Bedeutung, da die Urteile als solche 
dadurch nicht verschieden charakterisiert werden. 
Der Subjektsbegriff des Urteils kann nun entweder einen oder aber meh¬ 
rere Gegenstände meinen und sie dem Urteil unterwerfen. Man kann dies 
die Quantität des Subjektsbegriffs nennen und nach dieser Quantität die 
Urteile in Singular- und PZaraZurteile unterscheiden. Singularurteile in 
diesem Sinne sind dann z. B. folgende Urteile: »Dieser Adler hat einen kah¬ 
len Hals«, »Plato ist ein Philosoph«; aber auch die Urteile »Schwefel ist 
gelb« und »Der Adler ist ein Raubvogel«. Daß die Begriffe »Dieser Adler« 
und »Plato« nur einen Gegenstand meinen und ihn dem Urteil unterwerfen, 
ist klar. Aber auch die Begriffe »Schwefel« und »Der Adler« meinen direkt 
nur einen Gegenstand, der allerdings hier nicht individuell, sondern der 
Art nach bestimmt ist. Die betreffenden Urteile, die diese Subjektsbegriffe 
enthalten, sind daher Singularurteile. Freilich »fallen unter« ein solches 
Urteil auch mehrere Gegenstände, so z. B. fallen unter jene Urteile auch 
alle einzelnen Stücke Schwefel, respektive alle einzelnen Adler. Aber die 
Mehrheit von Gegenständen, die »unter ein bestimmtes Urteil fallen«, ist 
nicht notwendig auch von dem Subjektsbegriff dieses Urteils gemeint und
	        
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