3. Haupttypen der Einwände 67
Fata Morgana, sondern die gerade der Metaphysik als solcher in
charakteristischer Weise eigene Realität.
Wird Kants Lehre von der transzendentalen Natur des meta¬
physischen Scheines in diesem Sinne gewürdigt, nämlich so, daß
sie als der vielleicht fruchtbarste Beitrag für eine positive Kritik der
Metaphysik verstanden wird, dann wird ganz klar, daß es sich um
die glänzendste Rechtfertigung, ja geradezu um die prinzipielle
Ehrenrettung der Metaphysik handelt.
Vergegenwärtigen wir uns nunmehr, wie wir das schon weiter
oben als Plan angaben, die Haupttypen von Einwänden gegen die
Metaphysik. Und zwar wollen wir das in jener Absicht tun, die wir
gleichfalls weiter oben bereits andeuteten (vgl. S. 58 f.).
3. Haupttypen der Einwände.
a. Einwand aus dem Hinweis auf die Entwicklung der
positiven Wissenschaften und auf die durch diese
Entwicklung bedingte allgemeine Aufklärung.
In seiner berühmten „Einleitung in die Geisteswissenschaften“,
und zwar in deren historischen Teil, ferner in ausführlichen geschicht¬
lichen Abhandlungen, die jenen historischen Teil fortsetzen, hat Wil¬
helm Dilthey in eingehenden Untersuchungen den Nachweis dafür
zu erbringen gesucht, daß die Entwicklung der modernen positiven
Wissenschaften die Stellung des Menschen in der Wirklichkeit und
die Art seiner Beschäftigung mit ihren Problemen wurzelhaft ver¬
ändert habe, sobald sie mit seiner geistigen Lage im Altertum und
im Mittelalter verglichen wird. Und durch jene Veränderung sei nun
auch die Voraussetzung für die Auflösung der Metaphysik geschaffen
worden. Alle positiven Wissenschaften im Verein haben diesen tief¬
gehenden Umschwung in der geistigen Haltung und in der geistigen
Interessenrichtung hervorgerufen: die Naturwissenschaften mit ihrer
neuen, auf die exakte Bestimmung und auf die Erfassung des empi¬
risch-kausalen Zusammenhanges der Erscheinungen gerichteten
Methode, ferner die Geisteswissenschaften mit dem bohrenden Werk¬
zeug der historischen Kritik, schließlich die neue Psychologie und
Anthropologie mit ihrem durchdringenden Gelingen einer ausge¬
sprochen empirischen Auffassung und Bewertung des Menschen,
seines Wollens und seiner Leidenschaften und seiner geschichtlichen
Leistungen auf allen Gebieten der Kultur. Es ist leicht zu sehen,
daß Dilthey in dem Gedanken der allmählichen Zurückdrängung und
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