Full text: Grundlegung der Dialektik

5. Die ewige Dialektik und Problematik der Metaphysik 373 
Das alles heißt, daß die Metaphysik weder in ihrer Einstellung 
auf das Absolute noch in ihrer Aufstellung dieser Idee des Absoluten 
so rein, so unverfälscht, so unbedingt geartet ist wie die Religion. 
Das alles heißt, daß die metaphysische Idee des Absoluten von der 
Unheimlichkeit der Problematik und Dialektik umwittert ist und 
umwittert bleibt. Die metaphysischen Krisen beziehen sich demnach 
nicht entweder bloß auf die rationale oder bloß auf die sittliche 
oder bloß auf die ästhetische oder auf irgendeine andere Son¬ 
derausprägung des Absoluten, sondern sie betreffen die Fülle 
und Totalität in der Problematik des Absoluten. Wir wiesen schon 
mehrfach darauf hin, daß jeder Form der Metaphysik ein mehr oder 
minder umfassender und eingreifender Zusatz von Rationalismus 
unvermeidlich beigemischt ist. Andererseits ist jede Form der Meta¬ 
physik, mag es sich auch um einen ausgesprochenen Rationalismus 
handeln, dennoch in den Schleier einer gewissen Mystik eingehüllt. 
Diese Verbindung von Rationalismus und Mystik gehört zum Wesen 
der Metaphysik, und derjenige verkennt ihre Eigenart, der in ihr 
entweder nur die Ausgeburt eines nüchtern und systematisch durch¬ 
geführten Rationalismus oder nur den Sprößling einer wildschwär¬ 
menden Einbildungskraft und Sehergabe erblickt. Jenes mystische 
Element macht sich in erster Linie in demjenigen Begriffswert des 
Absoluten geltend, wie die Metaphysik ihn in einzigartiger Dialektik 
versteht und gebraucht. Deshalb tauchen wir in einer metaphysi¬ 
schen Krisis auch nach allen Richtungen und in jeder möglichen 
Sinnesweise in den „Abgrund“ des Absoluten ein. Sie ist es, die 
uns in die ganze unermeßliche Idee seiner „Unermeßlichkeit“ ver¬ 
setzt. Sie ist es, die uns von der grandiosen Problematik, die in 
dieser Idee steckt, überzeugt oder zum mindesten bis an die Schwelle 
der Einsicht in diese Problematik und in die ihr entsprechende 
Dialektik geleitet. 
5. Die ewige Dialektik und Problematik der Metaphysik. 
Wie kann nun angesichts dieses Sachverhaltes der Kampf, den 
der Menschengeist auf dem Felde der Metaphysik führt, und in den 
die Metaphysik uns zwangsläufig verstrickt, anders als ein im 
höchsten Sinne paradoxaler und problematischer, dialektischer und 
heroischer sein? Wenn wir die Gesamtheit unseres Verhältnisses 
zur Metaphysik und die Gesamtheit der menschlichen Bemühungen 
auf diesem Gebiet überblicken, so gewahren wir eine höchst fesselnde,
	        
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