Full text: Grundlegung der Dialektik

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VI. Die Dialektik der Metaphysik 
zuversetzen. Es ist, als wolle man sich mit dem Ballast meta¬ 
physischen Denkens nicht belasten. Abgesehen von dem Doktrina¬ 
rismus einer vorgefaßten Meinung, die unter Umständen auf Grund 
einer Irreführung gefaßt ist, ergibt sich eine weitere Quelle für die 
Abweisung der Metaphysik aus der oft zu beobachtenden Abhän¬ 
gigkeit von jeweiligen Geschmacks- und Modeströmungen. Nicht 
selten stammt eine solche Ablehnung auch aus dem Eindruck, den 
die zeitweilige Vorherrschaft bestimmter wissenschaftlicher Rich¬ 
tungen auf die Ansichten, auf die Urteilsbildung und auf die Welt¬ 
anschauung der Menschen auszuüben pflegt. 
Kurz: Alle möglichen und denkbaren Gesinnungsmotive und 
Stimmungslagen, alle Tendenzen, die sich in der positiven wissen¬ 
schaftlichen Erkenntnis geltend machen, alle Postulate, die das 
Leben der Sittlichkeit leiten, alle Gefühlsformen und Gefühls- 
objektivationen, die das künstlerische, das religiöse, das konfes¬ 
sionelle Leben begründen und bestimmen, sind in dem Kampf gegen 
die Metaphysik aufgeboten worden. Häufig verdichteten sich die 
Ablehnungen und die Beseitigungsversuche der Metaphysik sogar 
zu einer Frage der Kultur und des geschichtlichen Schicksals. Das 
ist vollauf begreiflich. Denn es kann kein Zweifel darüber bestehen, 
daß einer der Hauptunterschiede zwischen den Menschen, zwischen 
den Generationen, zwischen den geschichtlichen Lebensaltern und 
den verschiedenen Entwicklungsstufen des persönlichen und des 
allgemeinen geschichtlichen Daseins sich in der Stellungnahme 
diesem Kampf gegenüber und überhaupt in dem Verhältnis zur Meta¬ 
physik ausspricht. Die Beziehung zur Metaphysik und die Schät¬ 
zung, die dieser entgegengebracht wird, sind keine nebensächliche An¬ 
gelegenheit. Der Sinn, der von den Menschen in diese Beziehung 
gelegt wird, kann zum Richtmaß für den Wert menschlichen Lebens 
und menschlichen Strebens verwendet werden. Die ganze Art und 
Weise, in der Metaphysik getrieben, der Geist, in dem sie aufgefaßt, 
die Geltung, die ihr zugebilligt wird, gewähren die Möglichkeit, über 
den Wert eines Menschen zu entscheiden; sie gewähren auch eine der 
Voraussetzungen dafür, um über den Charakter des eigenen Inneren 
ins reine zu kommen. 
Diese Bedeutung der Metaphysik, eine sowohl subjektive als auch 
eine objektive Bedeutung, ist es, die die Dauer und Heftigkeit des 
Streites um sie und gegen sie begreiflich erscheinen lassen. Der 
Gegenstand dieses Streites ist eben eine der ausschlaggebenden 
seelischen und geschichtlichen Mächte. Davon überzeugt jede Cha¬
	        
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