4 Einleitung
auch in der Form und in dem Inhalt der Ergebnisse, zu denen sie
kommen, klar am Tage. —
Wird demnach die Metaphysik grundsätzlich nicht erst dann
und nur dann über die Einseitigkeiten des schulmäßigen mathemati-
sierenden Rationalismus und der irrationalistischen und irrationali-
sierenden Lebensphilosophie hinausgeschoben, vermag sie die Totali¬
tät ihrer Idee nicht erst dann und nur dann zu verwirklichen, wenn
sie sowohl in ihrer Fragestellung als auch in der Technik ihres Ver¬
fahrens wieder der Totalität der dialektischen Methode
vollen Spielraum zugesteht? Das soll keine Absage an den
Rationalismus bedeuten. Denn den Rationalismus kann keine
Philosophie, kann keine Metaphysik entbehren. Auch die Lebens¬
philosophie darf und kann nicht in einen vollkommenen Gegensatz
zu ihm gebracht werden, will sie nicht von vornherein und grund¬
sätzlich auf jede logisch geklärte und begrifflich klärbare Erkenntnis
Verzicht leisten. Es handelt sich für die Metaphysik nur darum,
einen solchen Begriff der philosophischen Erkenntnis zu gewinnen,
der, ohne die Sicherheit begrifflicher Formung zu verleugnen, als
adäquater Ausdruck der Dialektik des Lebens gelten kann. Eine
der Hauptaufgaben der vorliegenden Arbeit wird sich aus diesem
Grunde auf die Gewinnung eines Formbegriffs beziehen, der der
eigentümlichen Doppelseitigkeit einer Dialektik der Metaphysik ge¬
recht zu werden vermag. Die dialektische Metaphysik ist dem
Leben gegenüber begreiflicherweise viel weniger abge¬
schlossen, alsdas bei dem mathematisch-formalistischen
Rationalismus der Fall ist. Da sie aber Philosophie, also doch
begriffliche Einsicht in das Wesen des schöpferischen Geistes sein
will, kann sie nicht umhin, sowohl in ihren Grundlagen als auch in
dem ganzen Gefüge ihrer Systematik die Beziehung zur wissen¬
schaftlichen Vernunft durchgehend zu wahren und aufrechtzu¬
erhalten, eine Beziehung, die sich in der Logizität ihres Erkenntnis¬
wertes und in dem objektiven Gebrauch logischgebundener Kate¬
gorien äußert.
So wird die Dialektik der Metaphysik sich mit anderen Worten
von dem festen Standpunkt der Erkenntnis aus auf das Leben be¬
ziehen, um dessen Problematik und Irrationalität Herr zu werden;
aber sie wird zugleich für ihre wissenschaftlichen Zwecke vom Stand¬
punkt des Lebens aus die Rationalität der Erkenntnis in sich ein¬
beziehen. Ein philosophisches Erfassen des Lebens an sich, wie
das z. B. Henri Bergson fordert und versucht, und eine Stellung-