Vorwort
XI
Wechselverhältnisses zwischen Metaphysik und Dialektik jene Er¬
neuerung durchführbar sein ohne gleichzeitige Erneuerung der
Dialektik? Der Renaissance der Metaphysik kann nur dann ein
dauernder, aussichtsreicher, von der Geltung gegenwärtig herrschen¬
der Neigungen und Wünsche unabhängiger Erfolg beschieden sein,
wenn jene Bewegung nicht dem Wiederaufleben dieser oder jener
metaphysischen Sonderrichtung zugute kommt, so machtvoll die
Stellung einer solchen Sonderrichtung in der Vergangenheit ge¬
wesen sein mag. Die seit einer ganzen Reihe von Jahren und von
den verschiedensten Seiten aus ins Werk gesetzten Versuche um eine
Wiedererstehung der Philosophie sind über Versprechungen und An¬
kündigungen, über Vorbereitungen und über die Stufe von An¬
sätzen nicht allzu weit hinausgediehen; die Hoffnungen, die auf
diese Renaissance gesetzt worden sind, haben noch keine restlose
Erfüllung gefunden. Trotz aller Bestrebungen hat die Philosophie
ihre alte klassische Geltung noch nicht wiedergewonnen; noch bildet
sie nicht wieder den Mittelpunkt und Hauptpunkt der geistigen
Interessen, wie das im 17., 18. und im ersten Drittel des 19. Jahr¬
hunderts der Fall war.
Die Abwendung von der allgemeinen Teilnahme an der Philosophie
ist damit begründet worden, daß diese als eine überlebte und außer
Spiel gesetzte, als eine im wesentlichen nur noch historische und
antiquarische Bedeutung in sich schließende Größe hingestellt wurde.
Diese Motivierung für das Zurücktreten und für die etwas neben¬
sächliche Rolle der Philosophie ist nicht stichhaltig. Die Wurzel
für jenes nur halbe Gelingen ihrer Renaissance besteht in der Halb¬
heit und damit in der Unzulänglichkeit desjenigen Ausgangspunktes,
der die Stütze der Bemühungen um die Rückeroberung der
Herrschermacht der Metaphysik bildete und bildet. Dort war es
die Hinwendung zu der alten Ontologie, hier die liebevolle An¬
hänglichkeit an den kritischen Idealismus kantischer Prägung, in
einem anderen Falle die Befürwortung des spekulativen und abso¬
luten Idealismus oder der philosophischen Romantik und Mystik,
die die Grundlage für die Empfehlung der betreffenden Standpunkte
und philosophischen Schulen darstellten. Daraus aber konnte doch
immer nur die Erneuerung jener Spezialrichtungen, also die Er¬
neuerung von Spielarten der Metaphysik hervorgehen, nicht die¬
jenige der Metaphysik selber. Die volle Renaissance der Meta¬
physik ist gebunden an die Renaissance des Vollsinnes der Meta¬
physik. Sie ist gebunden an das Wiederaufleben der Idee der Meta¬