Full text: Grundlegung der Dialektik

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II. Von der Pflicht zur Metaphysik 
Hilfen der geschichtlichen Objektivierung, über die der Geist ver¬ 
fügt, und deren ausschlaggebender Einfluß von der Geschichte in 
tausendfältiger Gestalt belegt wird. Denken wir etwa nur an die 
lehrhafte Festigung des Glaubens durch die Kirche und in derselben, 
an die Sicherung der Mystik des religiösen Gefühls im Dogma, an 
die ästhetische Formung des Erlebens in der Kunst, an die Um¬ 
setzung einer physikalischen Entdeckung in die Realität der Tech¬ 
nik, an die Durchführung einer wirtschaftlichen Einsicht durch die 
Objektivität einer sozialen Einrichtung, an die Verwirklichung einer 
politischen Absicht durch den Staat: Alle diese Taten bleiben ohne 
eingreifende Heranziehung des Rationalismus unmöglich, sie blieben 
ungetan.- 
Wenn wir diese beiden Funktionen und Geltungsbetätigungen 
des metaphysischen Rationalismus zusammenfassen, so verstehen 
wir jene oben getane Behauptung, die ihm in seinem Ausdruck und 
in seiner Eigenschaft als Welterkenntnis den Wert der Apriori- 
tät nachsagt. Sowohl für die metaphysische Einstellung zur Welt 
wie für die Welt selber, für die Welt der Metaphysik und für die 
Metaphysik der Welt besitzt er jenen apriorischen Wert, der seine 
Einzigartigkeit in der Gemeinschaft der metaphysischen Typen aus¬ 
macht, und den ihm kein Romantizismus zu rauben vermag, ln 
dieser Apriorität ist auch die Unerschütterlichkeit seines relativen 
Rechtes begründet, wie dieses Recht innerhalb der Geschichte der 
Metaphysik in den Systemen von Descartes und Leibniz hervor¬ 
getreten ist. 
Wir wollen uns hier keiner einseitigen Verherrlichung des meta¬ 
physischen Rationalismus hingeben und ihn nicht als die Krone der 
metaphysischen Systembildungen erklären. Aber vorurteilslose Ge¬ 
rechtigkeit und die Einsicht in die Bedeutung seiner Stellung inner¬ 
halb des Gesamtbaues der Metaphysik zwingen zu der Erkenntnis 
seiner Apriorität als Theorie und als historische Macht. Ohne daß 
ihm damit die Ausschließlichkeit der Apriorität oder eine Über¬ 
legenheit über die anderen Kulturaprioritäten metaphysischer Art 
zugeschrieben werden soll. Denn auch die anderen Typen und Sinn¬ 
formen der Metaphysik tragen, wie wir noch sehen werden, den 
Charakter von Aprioritäten für die Kultur, und zwar von Apriori- 
täten, die sowohl theoretische und rein gedankliche als auch ge¬ 
schichtlich-konkrete und geschichtlich wirksame Geltung besitzen.
	        
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