Full text: Grundlegung der Dialektik

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II. Von der Pflicht zur Metaphysik 
Die Aufrechterhaltung dieser Bewegtheit und die Betätigung 
dieser dialektischen Spontaneität werden der Metaphysik dadurch 
ermöglicht, daß sie ihre Zentralität wahrt und pflegt und dem Reich¬ 
tum des allgemeinen Lebens freien Einfluß auf sich gewährt, ja 
einem solchen Einfluß nachgeht, ihn sucht und fördert und für die 
Universalität ihres Sinnes und Zweckes, von der wir weiter oben 
gesprochen haben, fruchtbar verwendet. 
Deshalb gehört die Vielheit von Motiven und Wurzeln nicht zu 
den Zufälligkeiten für ihre Entstehung, sondern diese spannungs¬ 
reiche Fülle ist eine Apriorität für die Metaphysik. Wo der viel¬ 
verschlungene Zustrom dieser Motive eingeschränkt wird, da erfährt 
sie zwar keine durchgreifende Verkümmerung, wohl aber eine deut¬ 
liche Vereinseitigung, wie das z. B. der metaphysische Rationalis¬ 
mus belegt. Er ist nur eine Spielart und Sonderform des umfassenden 
Begriffs der Metaphysik, weil er nur auf dem rationalistischen Geist 
der Mathematik und der mathematischen Naturwissenschaften 
beruht und lediglich denjenigen Motiven, die von dieser Seite her 
auf ihn einwirken, also selber rationalistischen Gepräges sind, jenen 
Einfluß gestattet, den er für seinen Aufbau gebraucht. Eine gleiche 
Einseitigkeit liegt, um ein anderes Beispiel zu wählen, in jener 
Sonderform der Metaphysik vor, die als ästhetischer Idealismus 
bezeichnet zu werden pflegt. Denn für ihre Entstehung und Aus¬ 
bildung sind vorherrschend wieder nur ästhetische Prinzipien und 
Abhängigkeiten vom künstlerischen Erleben maßgebend. Ent¬ 
sprechende Eingeschränktheiten weisen der ethisch-normative und 
der religiöse Idealismus auf. Eine im universellen Verstände ent¬ 
worfene und universell durchgeführte Metaphysik hingegen würde 
diese vier Typen und Sonderformen des Idealismus, näm¬ 
lich den rationalistischen, den ethisch-normativen, den 
ästhetischen und den religiösen Typus in dialektischer Ein¬ 
heit umfassen und so, worauf wir bereits im dritten Absatz dieses 
Kapitels hinwiesen, vier idealistische Sinngebilde in sich 
vereinigen. Entsprechend jenen Bezeichnungen der vier idealisti¬ 
schen Sinnschichten der Metaphysik können wir diese vier 
Motive, die zur Metaphysik führen, das intellek¬ 
tuelle, das moralische, das ästhetische und das religiöse 
Motiv nennen.
	        
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