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der griechisch-dorischen entstanden war, und nun die römisch-dorische
mit ihrem unschönen Gebälk und Säulenhals, unkanneliertem Schaft
und eigener Basis gleichsam ansteckte, daneben auch selber noch für
sakrale Zwecke fortdauerte.
Das 16. Jahrhundert nahm nicht nur die römisch-dorische wieder
an, sondern restaurierte auch (z. B. Serlio) nach dem Rezept Vitruvs
(IV, 7) die etruskische als ordine toscano, was den Florentinern angenehm
klingen mochte. Das hölzerne Gebälk mit seinen peinlichen primitiven
Formen blieb weg; vielmehr sieht der ordine toscano dem römisch-dori¬
schen ähnlich; nur schwerer und ohne Triglyphen, Metopen und Mu-
tuli; beliebt an rustizierten Erd- und Sockelgeschossen, Festungs¬
bauten u. dgl.; im Bewußtsein der Künstler selbst nie rein vom Dori¬
schen ausgeschieden.
§ 53
Das Dorische bei Bramante und Sansovino
Vereinzelt frühere Anwendungen abgerechnet, hat vor Allen Bramante
die dorische Ordnung als Werkzeug der hohen Strenge seiner letzten
Jahre mit Vorliebe gebraucht und die größten seiner Kunstgenossen mit
sich gezogen.
Die dorische Pilasterordnung am Erdgeschoß von Albertis Pal. Ruc-
cellai zu Florenz, seit 1460, § 40.
Giuliano und der ältere Antonio Sangallo, welchen Vasari VII,/». 228,
besondere Verdienste um die dorische Ordnung zuschreibt, mögen bei
ihren Festungsbauten sich damit befreundet haben. Antonios Kirche
zu Montepulciano aber, mit sehr eigentümlicher Behandlung des Do¬
rischen, ist erst 1518 begonnen, ibid. p. 226, Nota.
Bramante: die dorischen Pilaster des Erdgeschosses im großen vati¬
kanischen Hauptbau (seit 1503); -
die beiden untern Säulenordnungen um den Hof der Cancelleria
(§97); darüber ein geschlossenes Obergeschoß mit korinthischen Pi¬
lastern ; -
der runde Tempietto bei S. Pietro in Montorio (§ 66), der elegan¬
teste Zierbau ohne ein Laub von Vegetation, die Rosetten in den Kas¬
setten des Umgangs ausgenommen; -
in der Consolazione zu Todi (§ 66) sind die vier mächtigen Haupt¬
pfeiler unter der Kuppel als dorische Pilaster gestaltet, als Ausdruck
der Stärke, wahrscheinlich aber noch mehr, weil Bramante zuerst die
Unschönheit korinthischer Pilasterkapitelle des betreffenden großen
Maßstabes fühlte. (Man vergleiche S. Giustina in Padua, S. M. di Ca-
rignano in Genua, ja schon das Pantheon; die große Blätterfläche durch¬
löchert gleichsam jede Komposition.) Oder ahnte er sogar, daß bei
einer gewissen Größe jede ursprüngliche Verpflichtung des Pilasters
auf bestimmte Ordnungen erlischt? War er auf dem Wege zu einer