Full text: Die Baukunst der Renaissance in Italien

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auf ein Buch, das keinen Bogen wölben lehrte und selbst für das im 
16. Jahrhundert Alltägliche keine Vorschrift enthielt, wohl aber vor 
Verwilderung der Einzelformen warnte. 
Ein verspätetes Bedauern, daß nicht auch für die Malerei ein sol¬ 
ches antikes Regelbuch erhalten geblieben, bei Armenini, de’ veri pre- 
cetti della pittura^p. zz. 
V. Kapitel 
DIE THEORETIKER 
§ 3° 
Leon Battista Alberti 
Da nach einem allgemeinen Gesetz jener Zeiten die Bildung der Kunst 
vorangeht ( § 24), so befremdet es nicht, wenn ihre Botin, die literarische 
Darstellung, auch schon an der Wiege der neugeborenen Architektur zu 
finden ist. Schon erhebt sie sich von der Beobachtung zur Regel und zur 
Theorie bei dem großen Leon Bapttista Alberti. 
Vgl. § 14 und Bd. »Kultur der Renaissance« dieser Ausgabe, S. 94. 
Auf jene Jugendschrift über die Malerei folgte sein Hauptwerk über 
das Bauwesen. Die noch eigenhändig vorhandene italienische Bearbei¬ 
tung, arte edificatoria (in den opere volgari di L. B. Alberti, ed. Bonaccia 
Tom. IV) reicht bis ins III. Buch, und so weit glaube ich diese zitieren 
zu müssen; von da an aber den ebenfalls von ihm redigierten latei¬ 
nischen Text de re aedificatoria; das fertige Werk überreichte er 1452 
dem Papst Nikolaus V. Vgl. Vasari IV, p. 54 Nota. Die italienischen 
Ausgaben seit dem 16. Jahrhundert sind Übersetzungen Späterer. 
Die betreffenden Hauptstellen: arte edificatoria p. 229, 238, 240 (im 
I. Buche) und de re aedificatoria, L. VI, cap. 2 und 5, L. IX, c. 3 und 5. 
Die gotische Baukunst war lauter Rhythmus der Bewegung, die der 
Renaissance ist Rhythmus der Massen; dort sprach sich der Kunstgehalt 
im Organismus aus, hier liegt er wesentlich in den geometrischen und 
kubischen Verhältnissen. Alberti beruft sich daher nicht auf Triebkräfte, 
die im Einzelnen ausgedrückt sein müßten, sondern auf das Bild, welches 
der Bau gewährt und auf das Auge, das dieses Bild betrachtet und genießt. 
In der genannten Jugendschrift della pittura (op. volgari IV, p. 4i)lei- 
tet er sogar die Baukunst von einer präexistierenden Malerei ab: der 
Baumeister habe erst von dem Maler seine Säulen und Gebälke ge¬ 
lernt; - die stärkste Aussage für den malerischen Standpunkt der Früh¬ 
renaissance gegenüber den Bauformen. 
Im Hauptwerk : das Gesetz der Abwechselung, des anmutigen Kon¬ 
trastes (vgl. § 286) in Verbindung mit der Symmetrie (varietà und pa-
	        
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